14.09.2012 - 03.11.2012
Die Buchmann Galerie freut sich, eine Ausstellung mit Silbergelatineabzügen aus der berühmten Serie Toshi-e (Towards the City / Der Stadt entgegen) des japanischen Fotografen Yutaka Takanashi (*1935) anzukündigen.
In den 1960ern gehörte Yutaka Takanashi zu den Gründungsmitgliedern von Provoke. Ziel dieser einflussreichen Gruppe und des gleichnamigen Fotomagazins war es, eine neue visuelle Grammatik zu finden, die den Wandel in der japanischen Gesellschaft der Nachkriegszeit und der Ära des amerikanisch-japanischen Sicherheitsabkommen widerspiegelte. Die Gruppe wandte sich gegen das narrativ-dokumentarische Bild, mit dem das neue, industrialisierte und urbanisierte Japan ansonsten präsentiert wurde. In diesem Kontext erschien der Fotoband Toshi-e in sehr kleiner Auflage.
Für Yutaka Takanashi stehen „diese Bilder als gleichwertige Dokumente neben Sprache und Ideologie”. Aus diesem Grund bevorzugte er schnelle Bilder, die er mit einer tragbaren 35mm-Kamera schoss – manchmal aus einem fahrenden Wagen heraus und vorzugsweise „are, bure, boke“ („rau, unscharf, unfokussiert“). Die Unschärfe im Bild diente gleichzeitig dazu, die Ideologie zu verwischen und unterstrich die atmosphärische Wirkung der Aufnahmen.
Menschen sind bei Yutaka Takanashi oft in Seitenansicht zu sehen, tauchen ins Dunkel ein oder sind angeschnitten – was den Eindruck der Entfremdung betont. In Buffet Toyota (1965) liegt das Gesicht des jungen Mannes im Schatten. Die Komposition des Bildes setzt ihn jedoch in einen Rahmen, der aus dem Fenster und dem Poster einer westlich aufgemachten Frau gebildet wird. Der Mann blickt uns nicht entgegen, wirkt wie losgelöst von seiner sich wandelnden Umgebung.
Auch in Tsunohasu-1 (1965) ist das Motiv des Rahmens präsent. Im Autofenster spiegelt sich ein Reklameschild – es scheint sich dadurch selbst in ein Schaufenster mit Kindern zu verwandeln. Yutaka Takanashi zeigt das kaleidoskopische Porträt einer unbekümmerten Jugend, die bereits auf der „Überholspur“ lebt, so wie sie auch in japanischen Filmen jener Zeit, beispielsweise Nagisa Oshimas Nackte Jugend (Seishun Zankoku Monogatari), zu sehen ist. Yutaka Takanashi, der „Bilderjäger“, wie er sich selbst während seiner Arbeit an Toshi-e nannte, gelang es hier, das Unsichtbare – die Kontemplation – in einer neuen, industrialisierten Konsumgesellschaft festzuhalten.
Yutaka Takanashi hatte kürzlich eine Einzelausstellung in der Fondation Henri Cartier-Bresson in Paris, sowie verschiedene Gruppenausstellung, unter anderem Creating with Light - The Manipulated Photograph im Metropolitan Museum of Photography in Tokyo und Breaking news. Fukushima and the consequences im Kunst-Werke Berlin. Seine Arbeiten finden sich unter anderem in Museen wie dem National Museum of Modern Art, Tokyo, dem Tokyo Metropolitan Museum of Photography und dem Art Institute of Chicago.