Eigentlich sei die Kunst für ihn immer nur eine Flucht vor Schlimmerem gewesen, sagt der 1967 in Tel Aviv geborene dänische Künstler Tal R. Vor dem Gymnasium zum Beispiel, das er auf Wunsch seiner Eltern kurzzeitig besuchte und wo er heimlich zeichnete während der Lehrer dozierte. Oder vor einer Anstellung im Betrieb seines Vaters "Ich werde Künstler", sagte er diesem, ohne wirklich zu wissen, was das eigentlich heißen sollte.
Heute erstaunt Tal Rs schöpferische Vielfalt. Spielerisch bewegt er sich in den verschiedensten Medien wie Malerei, Skulptur, Textilkunst, Modedesign, Künstlerbücher, etc. Werkzeuge seien diese Medien, die dazu dienen zu einem bestimmten Ziel zu gelangen, nicht mehr und nicht weniger. Man kann bei Tal Rs Arbeitsweise durchaus von einem Regelwerk sprechen. Vor allem in der Malerei erlegt sich Tal R immer wieder selbst Regeln auf wie zum Beispiel für seine 7-color-paintings (2004-2007), für die er seine Farbpalette auf lediglich sieben Farben beschränkte oder für die 200 Gemälde des Werkzyklus House of Prince, für die er fünf Farben verwendete. Diese formalen Einschränkungen schaffen ihm gleichzeitig einen enormen kompositorischen und thematischen Freiraum.
Für die aktuelle Ausstellung Adieu Interessant hat sich Tal R über drei Jahre neun großformatigen Collagen gewidmet, die Bildmaterial in sich tragen, das über einen Zeitraum von 15 Jahren angehäuft wurde. Vom Pornoheftchen zur Werbebroschüre der Deutschen Bahn reicht dieser Bilderschatz, von dem sich verschiedene Künstler für Videoarbeiten haben inspirieren lassen, die ebenfalls Teil der Ausstellung sind. Bei der Auswahl seines Bildmaterials habe es keinen thematischen oder ästhetischen Fokus gegeben. Er sei einfach dem Instinkt seiner sammelnden Hand gefolgt, so Tal R. Die aus ihrem Kontext gerissenen Bilder gehen in der visuellen Flut der Collagen beinahe unter, das Auge des Betrachters kann sie als Ganzes nicht erfassen, sondern wandert von einem Detail zum anderen, verliert sich in den Schichten und Strukturen der Bilder. Dem Detail Wie schimmernde Kristalle seien diese Werke, visuelle Landschaften, sagt Tal R. Schicht um Schicht, gewachsen über mehrere Jahre, haben sie schon bald ihre ganz eigene Dynamik entwickelt. Als gierig, ja gefräßig beschreibt der Künstler seine Werke. Egal wie viel Material er den Collagen zum Fraß vorgeworfen habe, sie hätten lediglich milde gelächelt und nach mehr verlangt.
Nachdem Tal R vor einigen Jahren vier formal ähnliche Collagen geschaffen hatte, hatte er eigentlich beschlossen diese Werkform ad acta zu legen, da sie ihm als zu starr erschien. Der einzige Weg, die Form der großformatigen Collage weiter zu gehen sei der des Workshops gewesen. Daher verabschiedet sich der Künstler für Adieu Interessant ein Stück weit von seinem Künstlerego, indem er die Arbeit an ein Team von Künstlern und Assistenten delegierte, die an den Collagen und an den begleitenden Videos arbeiteten. 20 Künstler aus verschiedenen Schaffensbereichen widmeten sich in kurzen Videosequenzen einzelnen Elementen der Collagen und lieferten so ihren persönlichen Blick auf Tal Rs Arbeit. Auch an der Ausführung der Collagen sind Assistenten beteiligt gewesen, die geschnitten, geklebt und gesponnen haben. Den Ausschlag für die "Vollendung" der Bilder, so der Künstler, habe die völlige Erschöpfung aller Beteiligten gegeben.
TAL R lebt und arbeitet in Kopenhagen.