Die Galerie Albrecht nutzt den Jahresbeginn, die neuen Skulpturen der Bildhauerin Frédérique Edy zu zeigen, ihre Gedanken zu Mensch und Tier.
Diese Beziehungen haben eine wechselvolle Geschichte. Das Tier wurde und wird als Gott verehrt in den alten Kulturen bis in die heutige Zeit. Das Tier macht Angst, es erscheint im Traum: Horror. Der Mensch verwandelt sich in ein Tier und die Menschen schliessen ihn aus: Die Verwandlung. Das Tier ist ein niederes Wesen ohne Verstand und Selbstbewusstsein: Die Frau ist dem Tiere näher, sagt Bassow in den Sommergästen von Maxim Gorki. Das Tier wird des Menschen Kamerad und Begleiter, manchmal der einzige, der ihm bleibt. Das Tier in uns. Nur die Projektionen der Menschen verleihen dem Tiger menschliche Eigenschaften, wie Freundschaft, Trauer, Verständnis, Zärtlichkeit, der Tiger wird niemals menschlich, sagt der Vater zu Pi im Film Life of Pi und der Film gibt ihm recht. Der Mensch aber will dem wilden Tier näher kommen, es zähmen und verstehen: Joseph Beuys den Koyoten. Er möchte sich manchmal in ein Tier verwandeln und sich dessen Fähigkeiten einverleiben. Der Mann als Bär hat mehr Kraft und Drohpotential. Welcher Mann wünscht sich das nicht ab und zu, auch heute in der zivilisierten Welt? Das Tier bliebt Tier, der Mensch macht es sich nicht untertan, auch wenn er es noch so knechtet oder überzeugt davon ist, es vollständig zu verstehen und in der Hand zu haben.
Die Dimension dieser Beziehung erfassen die neuen Skulpturen von Frédérique Edy. Der Mann verwandelt sich in einen Bär oder einen Stier, der harmlose Taschenkrebs verschlingt Menschen und die schöne, viel gesammelte Muschel sieht aus wie eine Bombe. Es müssen nur die alten, im menschlichen Unbewussten lauernden Instinkte an die Oberfläche kommen oder sich die Dimensionen ändern. Der Mensch hat das vollzogen, er hat in der Tierwelt Vorkommendes als Vorbild genommen und in der Dimension verändert, aber in einem Punkt kommt er dem Tier nicht gleich. Er kann nicht so vielfältige, zuweilen erstaunliche Formen entwickeln wie sie und sich so nahtlos an seinen Lebensraum anpassen. Auch davon zeugen die Skulpturen.
Bleibt am Ende zu sagen: Das Tier ist Teil des Menschen und noch immer in ihm lebendig. Das Tier hat viele Fähigkeiten, die dieser nicht hat, sie leben in verschiedenen Welten und doch wäre der Mensch einsam und verloren ohne das Tier.
Frédérique Edy Französin,1967 in Antwerpen, Belgien geboren, lebte mit Ihrer Familie in Pretoria, Südafrika, Washington, USA und seit sie 12 Jahre alt ist in Paris. Heute lebt und arbeitet sie in Cariatiz in der Nähe von Granada. Sie studierte von 1989 bis 1992 bei dem Bildhauer Manfredi Quartana (Schüler von Etienne Martin) von 1994-96 Steinbildhauerei an der Ecole de Glacier ebenfalls in Paris. Von 1997-99 erhielt sie das Stipendium Casa Velazquez Madrid der Academie Francaise, seitdem lebt sie in Spanien. Weitere Preise: 1998 Prix Paul Belmondo – der Bildhauer Paul Belmondo ist der Vater von Jean-Paul Belmondo, 1999 Prix G. Wildenstein de l’ Institut de France, 2000 Grand Prix de Portrait Paul-Louis Weiller.