03.02.2010 - 06.03.2010
Kaum ein Künstlername der Modernen Kunst ist so eng mit dem Thema "Pferd und Reiter" verbunden, wie der des international arrivierten, 1980 in Viareggio verstorbenen, italienischen Bildhauers, Malers und Graphikers Marino Marini.
Unsere Ausstellung versucht, diesen Tatbestand zu dokumentieren, indem sie aus seinem gesamten graphischen Euvre von 158 Lithographien und 231 Radierungen eine sorgsam zusammengestellte Auswahl ausschließlich zu diesem Themenkomplex vorstellt. Unter den über 60 Exponaten aus drei Jahrzehnten befindet sich z.B. das vollständige, zwölf Farbaquatintaradierungen umfassende Mappenwerk "Idea e spazio" (1963) oder die vollständige Serie der 23 kleinformatigen Radierungen aus der Mappe "Marino Marini Gravures" - schwarz-weiße Radierungen, die vorwiegend bereits in den 1950er und 1960er Jahren entstanden, die aber allesamt erst 1970 von den Brüdern Crommelynck in Paris verlegt worden sind. Beispiel für die farbig sehr expressive späte Graphik Marino Marinis sind die vollständige Serie der acht Farblithographien "Chevaux et Cavaliers" aus dem Jahr 1972 sowie zwei großformatige Farbradierungen aus der Serie "Marino from Goethe", die kurz vor seinem Tode gedruckt worden sind.
In dieser Zusammenstellung graphischer Arbeiten kann der Besucher Marinis Interpretation der traditionsreichen Ikonographie des Cavaliere nachverfolgen. In der Konstellation Pferd und Mensch findet der Künstler den Ausdruck für Mythos und Wirklichkeit, Schönheit und Verderben, Tapferkeit und menschliches Versagen. Nach den Erfahrungen des Krieges wird es zum Leitbild seiner tragischen Weltsicht: Die unruhigen, sich aufbäumenden Tiere mit ihren stürzenden Reitern sind Marinis Symbol für die Existenzbefragung der Menschheit. Die Formen bizarrer Silhouetten von Mensch und Tier sind in ihrer Zweidimensionalität gebunden und auf wenige Linien und Flächen reduziert. Der Bildhauer verzichtet in seinen Lithographien und Radierungen auf jegliche Evozierung von Dreidimensionalität. Doch in dem genialen Zusammenspiel von Expressivität, Abstraktion und kühner und dennoch ausgewogener Kompositionen von Form und Farbe entfalten sich eine beeindruckende Dynamik und Ausdruckskraft.