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Galerie Crone


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Juliana Stein und Guilherme Dietrich

28.06.2014 - 15.08.2014

Guilherme Dietrich wird 1984 in Porto Alegre, Brasilien, geboren. Bereits als Jugendlicher interessiert er sich für die Werke der Art Brut, die in Brasilien Anfang der 1930er Jahre ihre eigene Ausprägung erfuhr und für die Entwicklung der Moderne in ganz Südamerika von entscheidender Bedeutung war. Insbesondere die Arbeiten von Arthur Bispo do Rosário, der einer Familie afrikanischer Sklaven entstammte und in der brasilianischen Kunstszene bis heute geradezu kultisch verehrt wird, faszinieren Guilherme Dietrich. Inspiriert von diesem Vorbild beginnt er als Autodidakt zu zeichnen. Seine Arbeiten werden zunächst in mehreren kleinen Gruppen- und Einzelausstellungen in seiner Heimatstadt Porto Alegre und in São Paulo gezeigt, er findet dadurch rasch Anschluss an die vitale, junge Kunstszene Brasiliens.
2009 bewirbt sich Dietrich an der Haute École d´Art in Genf, wo er anschließend vier Jahre lang Malerei und Kunst studiert und mit dem Diplom abschließt. Der Wechsel nach Europa bringt neue Einflüsse in seine Arbeit. Diesmal sind es die europäischen Vertreter der Art Brut, die seine Aufmerksamkeit erwecken. In den Museen von Lausanne, Genf und Zürich entdeckt er das vielschichtige Werk von Jean Dubuffet, aber auch die Zeichnungen und Collagen von Adolf Wölfli. Vor allem Wölfli lässt ihn nicht los: Wie Dietrichs großes brasilianisches Vorbild Bispo do Rosário litt Wölfli unter Schizophrene. Beide verbrachten einen Großteil ihres Lebens in psychiatrischen Kliniken und schufen dort ihr Werk.
Zurück in Brasilien befasst sich Dietrich ab 2012 verstärkt mit der Kunst der brasilianischen Ureinwohner. Einflüsse von Tribal Art und ritueller Codierung finden sich zusehends in seinen Zeichnungen. Er reist in abgelegene Gebiete, besucht kleine, von der Zivilisation noch weitgehend abgeschottete Orte. In seiner Kunst hinterlässt das sichtbare Spuren, ein dritter Topos fließt in seine Arbeit. Dietrich verbindet nun seine Begeisterung für die Art Brut mit seiner Faszination an der Kunst des Schizophrenen und der Kunst naiv-ritueller Symbolik.
In der Ausstellung „Capitano Palmito“ werden die Zeichnungen, die diesem formalen Dreiklang entsprungen sind, jetzt erstmals in Europa vorgestellt. Es sind zum einen große, virtuose Tuschfeder- und Tuschpinsel-Arbeiten, zum anderen feine, ziselierte Filzstiftkompositionen. Beide zeugen von einer großen zeichnerischen Virtuosität des jungen Brasilianers.
Mit der Vermengung verschiedener ethnischer und kultureller Einflüsse, knüpft Guilherme Dietrich an die Tradition der brasilianischen Moderne an. Seine Bilder können durchaus als zeitgemäße Form der „Antropofagia“ verstanden werden. Unter diesem Begriff postulierten der Publizist Oswald de Andrade und seine Lebensgefährtin, die Malerin Tarsila do Amaral, Ende der 1920er Jahre die absolute Einzigartigkeit und das unveräußerliche Selbstverständnis der brasilianischen Kultur. De Andrade tat es mit einem Manifest, do Amaral mit einem naiv-expressionistischen Gemälde. „Antropofagia“, so die Beiden, bedeutet den unbändigen, instinktgesteuerten Willen, sowohl die kulturellen Einflüsse der Kolonialherren als auch die kulturellen Wurzeln der Ureinwohner zu zerstückeln, zu zerfetzen und zu einer neuen Identität zusammenzusetzen. Sie erklären damit den kulturellen Kannibalismus zum Prinzip des schöpferischen Akts – eines Akts, bei dem alle Prägungen aufgesaugt, verdaut und zu einer eigenen, neuen Kultur geformt werden.
Wenn das nicht auch die Wurzel der Zeichnungen von Guilherme Dietrich sind, was dann?

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