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KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

Galerie Robert Drees


Weidendamm 15
30167 Hannover
Tel.: 0511 980 58 28
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Öffnungszeiten:

Mi-Fr 10.00-18.30 Uhr
Sa 11.00-14.00 Uhr

An Edge Effect

28.03.2009 - 09.05.2009
Die Gruppenausstellung „An Edge Effect“ ist ein gattungsübergreifendes Experiment. Katja Davar (*1968), Jürgen Jansen (*1960) und Gereon Krebber (*1973) überprüfen die Medien Zeichnung, Malerei und Bildhauerei auf neue Anwendungsmöglichkeiten und Schnittstellen zwischen den künstlerischen Methoden. ‚Edge effectÂ’ [‚KanteneffektÂ’] ist ein Begriff aus der Ökologie, der das Umschwenken bzw. Umkippen eines Ökosystems bezeichnet. Es geht um die labilen Abhängigkeiten nebeneinander liegender Lebenswelten innerhalb eines Ökosystems. Im Hinblick auf künstlerische Prozesse bezieht sich der Begriff auf eine vielschichtige Arbeitsweise, die sich in einer subtilen Balance von Zufall und Steuerung entwickelt. „Edge Effect“ reflektiert die interdisziplinäre Austauschbeziehung zwischen künstlerischen Methoden einerseits, zwischen künstlerischen und anderen gesellschaftlichen Disziplinen andererseits. Die in der Ausstellung gezeigten Werke eröffnen so einen spannungsvollen Dialog über die Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Wirklichkeitsbereichen. Jürgen Jansen untersucht – einem chemischen Versuchslabor vergleichbar -, wie verschiedene Materialien aufeinander reagieren, in welcher Weise sie abtrocknen, sich verbinden oder abstoßen, auf Licht- und Wärmeeinwirkung ansprechen, sich abschleifen und neu formieren lassen. Er stößt die Eigenaktivitäten der verwendeten Substanzen an, um ihre Eigenschaften zu ergründen und sie so schließlich auch wieder kontrollieren und beeinflussen zu können. In der Komposition seiner Bilder nimmt er wissenschaftliche Ordnungs- und Darstellungsmuster auf: Stammbäume, Genealogien, DNA-Ketten. Diese Raster verobjektivierender Betrachtung bilden den Rahmen eines sich dynamisch entfaltenden Farb-Form-Geschehens. Großformatige Tafeln und ein zeichnerisches Kabinett geben Einblick in sein sich ständig weiter entwickelndes, permanent wieder revidiertes künstlerisches Experiment. Katja Davars Arbeiten bewegen sich in einer medialen Spannbreite zwischen Zeichnung, Stickerei und „animierten Zeichnungen“. Die Verbindung verschiedener medialer Strukturen fordert zu einem Denken in Brüchen und Übergängen auf. Natürliche und artifizielle Versatzstücke verbinden sich zu visionär oder apokalyptisch anmutenden Landschaftsprospekten. Tortendiagramme und Verlaufsschemata gewinnen ein irritierendes Eigenleben und wandeln sich zu architektonischen oder amorphen Gebilden, in denen die Dynamik ökonomischer Entwicklungen und die Vernutzung natürlicher Ressourcen sichtbar werden. Das Landschaftsbild gestaltet sich zum Palimpsest, dem das System der inneren Zusammenhänge unserer gegenwärtigen Zivilisation zwischen technischer Innovation, Naturgefährdung und Zukunftsutopie eingezeichnet ist. Gereon Krebber bevorzugt amorphe Materialien, die skulptural so gestaltet werden, dass Festigkeit und Dauerhaftigkeit zum Ausdruck gebracht werden. Frischhaltefolie oder Gelatine verdichten sich zu einer Gestalt, deren Oberfläche in ihren Abgrenzungen zum Umraum durch Spiegelungen ungreifbar bleibt. Die Uneindeutigkeit von Form und Funktion wirft den Betrachter auf sich selbst zurück. Durch Interventionen in vorgefundenen Situationen konterkariert Krebber die tektonische Struktur, die Dimension von Räumen sowie deren Abgrenzung nach Innen und Außen. Zwar veranschaulichen seine Interventionen und Objekte die Ausdehnung und Begrenzung von Architektur, doch immer auch deren Durchlässigkeit und Veränderbarkeit. Erst im Bezug auf andere Raumkörper bringen seine jeweils vor Ort realisierten Werke Bedeutung hervor. Die Gemeinsamkeit der drei künstlerischen Positionen liegt in der Fülle, in der Entropie der Bilder. Durch die vielschichtige Überlagerung der Zeichen- und Symbolebenen gewinnen sie eine labyrinthische Komplexität, die jeden Anspruch auf Interpretation und Deutung in die Irre führt. Katja Davar, Jürgen Jansen und Gereon Krebber inszenieren einen Überfluss, der verunklärt und verwirrt, doch aber gerade auf diese Weise in faszinierender Weise erhellt und offenbart. Dabei gehen sie das Risiko ein, die eigene Bildökologie umkippen zu lassen. Getreu der Erkenntnis eines Wilhelm Busch: Am schönsten ist das Gleichgewicht, kurz bevor es zusammenbricht.

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