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Samuelis Baumgarte Galerie


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vertretene Künstler

Marie-Jo Lafontaine

Marie-Jo Lafontaine: Neue Arbeiten

14.05.2009 - 18.07.2009
Marie-Jo Lafontaine (*1950, Antwerpen) ist eine der berühmtesten Videokünstlerinnen und Fotografinnen der Welt. Von 1975 bis 1979 studierte sie an der Ecole Nationale Superieure d'Architecture et des Arts Visuels in Brüssel und gewinnt 1979 den Prix de la Jeune Peinture Belge in Brüssel und ebenfalls 1979 den Prix de la Critique in Antwerpen. 1979 beginnt sie mit der Videokunst respektive mit dem Werk "La batteuse de palplanches". 1982 gewinnt sie den ersten Videopreis "Meatball" in Amsterdam. 1985 erhält sie ein Stipendium des Institute of Arts and Humanities. Der internationale Durchbruch gelingt ihr 1987 mit der Teilnahme an der documenta 8 in Kassel mit der Videoinstallation Les larmes d'acier. In den folgenden Jahren entstehen environmentartige Multimediainstallationen wie „Viktoria“ und „Passio“. 1990 erhält sie eine Gastprofessur an der Sommerakademie Salzburg. Seit 1992 ist sie Professorin an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe und war 1998 und 1999 Kulturbotschafterin von Flandern. Lafontaines Arbeiten wurden u.a. im Botanique Museum, Brüssel und im Guggenheim Museum, New York ausgestellt. Im Rahmen der Fußball-WM 2006 in der Frankfurter Skyarena gestaltete Marie Jo Lafontaine den zweiten Teil der Installation "I love the world", der weltweit zu großer Aufmerksamkeit führte. Die Künstlerin lebt in Brüssel. Die Samuelis Baumgarte Galerie vertritt Marie-Jo Lafontaine seit 2002 und zeigte ihre Arbeiten in großen Einzelausstellungen (u.a. 2005 in „Rundgang“) und auf zahlreichen internationalen Kunstmessen wie der Art Cologne oder Arte Fiera Bologna. Im September 2009 präsentiert die Galerie Marie-Jo Lafontaine in einer One-person-Show auf dem Berliner Art Forum mit dem Videoprojekt „Dance the world“. Die aktuelle Ausstellung in der Mainhall präsentiert schwerpunktmäßig Marie-Jo Lafontaines neueste Videoinstallation „Dark Pool“ aus dem Jahr 2008. In Marie-Jo Lafontaines Werk fließen zwei Hauptströmungen zusammen: Sie beobachtet menschliche Leidenschaften, die die inneren Konflikte ihrer Protagonisten aufzeigen und versucht dabei gleichzeitig, die äußeren Formen aufzulösen. Diese zweifache Bewegung kommt vor allem in jenen Werken zum Ausdruck, in denen sie fotografische Bilder mit monochromer Malerei kombiniert. Diese geschlossenen Einheiten drücken schon ihrem Wesen nach einander gegenläufige Bewegungen aus. Immer ist die Künstlerin dort anzusiedeln, wo beide Kräfte aufeinandertreffen: manchmal außerhalb, manchmal innerhalb, manchmal atmet sie Wasser, manchmal Luft ein. Das Monochrome hat Anteil an dieser Bewegung, die darauf abzielt, die Formen in der Zeit aufzulösen. Ihre Ausstrahlung ähnelt dem Blick einer Khmer-Statue: ihre Augen sind geschlossen, der Blick nach innen gerichtet. Seit nunmehr dreißig Jahren lässt sich Marie-Jo Lafontaine kontinuierlich aus dem Schlaf reißen, unermüdlich aufwecken vom Getöse dieser Welt, lässt sich rastlos außerhalb ihrer selbst stoßen. Dazu verurteilt, Leidenschaften und Dysfunktionen auszudrücken, ist sie ständig von einem Flughafen zum nächsten unterwegs und wird ungewollt zur Berichterstatterin dessen, was sie umtreibt und vom Schlafen abhält. Ihre Schlaflosigkeit ist nervöser Art, durchzogen von Visionen, die an unser Jahrhundert gekettet sind. Marie-Jo Lafontaine ist eine Prophetin, die Orakel verkündet, deren Ursachen sie nicht kennt. Ihre Enthüllungen kommen im letzten Moment, folgen einander in immer rascherer Abfolge, im irren Rhythmus von Breitbandverbindungen. Daher ihre Angst, bisweilen Panik, in der Nähe ihrer selbst zu wohnen, und das Bedürfnis nach Einfarbigkeit und Hunderten von Videos wie „Dark Pool“, in dem eine junge Frau mit weit geöffneten Augen durch dunkles Wasser gleitet. Langsam zieht die Schwimmerin im geräuschlosen Medium des Wassers zum Rhythmus ihrer eigenen sinnlichen Choreographie ihre Bahnen, wendet, schwimmt hin, zurück, kreuzt den Bildschirm, verlässt ihn, erscheint wieder im Bild, streckt sich mit der einzigartigen Sanftheit derer, die den Tod nicht mehr fürchten. Sie beobachtet den Betrachter, während der Betrachter ihre Atmung in Form zarter Luftblasen verfolgt, die ihren Lippen entweichen. „Dark Pool“ ist die jüngere Schwester eines anderen Videos mit dem Titel „La Chute“ (der Sturz) [2000]. Es ist Teil der vielen kostbaren Miniaturen, die wie Sterne in Marie-Jo Lafontaines Werk aufleuchten. Das Betrachten der Videoinstallation „Dark Pool“ ist wie Nachrichten von einer verstorbenen Freundin zu empfangen. Zwar ist die Künstlerin immer noch anwesend, aber sie spricht zu uns mit einer tiefen und weit entfernten Stimme jenseits des Spiegelreichs. In direkter Korrelation dazu stehen zehn fotografische Werke aus dem Jahr 2008 (je 248,4 x 185,4 cm bzw. 109, 5 x 109, 5 cm ) der Serie „Les Bains de St.-Josse“, die das Video „Dark Pool“ atmosphärisch intensiv begleiten: Woran ist das Opfer erkennbar? Ein an den Boden gehefteter Blick. Eine nörglerische Schulter. Ein abgeknicktes Handgelenk. Ein isoliertes Piercing. Ein rebellisches Tattoo. Eine fromme Haarsträhne. Der dort drüben, wie er in seiner von Traurigkeit durchlöcherten Existenz vor sich hinschwimmt. Die da: die sich, den Genuss der irdischen Freuden versagend, vor ihrer eigenen Imaginationskraft versteckt. Er nahm sich seine Zeit wie in jedem Leben. Andere waren perfekt, kampflos, ohne Hass. Hätte es noch schlimmer kommen können? Äußerlich engelsgleich, eine Mischung zwischen Aztekin und Fruchtbarkeitsgöttin, ein wenig verheißende Frucht, ein wenig langgestreckte Gottesanbeterin. Aber sie war zu jung, sie würde die Geste nicht verstehen; die Notwendigkeit roher Gewalt. Dazu muss man schon ein bisschen geschrieen haben im Leben. Und der Typ da drüben, so selbstsicher, so klar, wird er schließlich in Zweifel geraten? Überhaupt, werden sie nicht alle zweifeln? Wie kann man sich seiner Worte so sicher sein? Ach, aber doch nicht er, nein. Schließlich trennte sich sein Rücken von der hellen Wandverkachelung. So lange an sie angelehnt, löste sich seine Haut mit einem schmatzenden Geräusch von den Kacheln. Er folgte einer jungen Frau, die, soeben dem Wasser entstiegen, eilends, geradezu mit einem Satz, auf den Eingang der Duschen zuhielt. Er holte sie ein, beinahe wäre er ausgerutscht... - Mademoiselle! MademoiselleÂ… Sie blieb stehen, überrascht, unruhig, immer noch in Eile. - Mademoiselle... würden Sie mir die Liebenswürdigkeit erweisen, mich zu töten? Die sechs fotografischen Werke „Alice in Wonderland“, „Fleurs“ sowie acht Fotografien und Lichtobjekten aus der Serie „I love the world“ (2006-2008), zeigen, wie untrennbar die Themen von Marie-Jo Lafontaine miteinander in Beziehung stehen: sie setzt nicht eine verdoppelte Wirklichkeit in Szene, sondern konzentriert sich auf die Grundbedingungen und Möglichkeiten in der Verbindung Natur-Mensch-Technik. Marie-Jo Lafontaine versucht, über den schönen oder auch wirklichen Schein der „Wahrheit“ hinter aller Täuschung auf die Spur zu kommen, sie zu belegen: „Can you Hear me“,„Kiss me“ oder „You are watching me“ werden zu Sinnbildern unseres Hier und Jetzt.

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