© andreas130 / www.fotolia.de
KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

Badischer Kunstverein


Waldstraße 3
76133 Karlsruhe
Tel.: 0721 28 226
Homepage

Öffnungszeiten:

Di-Fr 11-19 Uhr
Sa,So,Fei 11-17 Uhr

Marie Lund: Flush

30.01.2015 - 06.04.2015

Unter dem Titel Flush zeigt die dänische Künstlerin Marie Lund ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland. Im Zentrum steht eine neue Serie von Skulpturen, Torso (2014-2015), die von weiteren aktuellen Arbeiten begleitet wird.
Lunds künstlerische Praxis ist eine genuin bildhauerische, auch wenn ihre Arbeiten herkömmliche Vorstellungen von skulpturaler Form und Materialbeschaffenheit deutlich unterwandern. Ihr Interesse gilt vielmehr der Transformation des Materials, wie sie durch den künstlerische Eingriff erst initiiert wird oder sich durch Jahre des Gebrauchs in den Objekten bereits selbst abzeichnet. Es ist ein steter Prozess von Form nehmen und Form geben, der Lunds Herangehensweise charakterisiert.
Die neu für die Ausstellung angefertigten Casts (2014) vollziehen eine Wandlung vom Gegenständlichen zum Abstrakten. In dieser Arbeit sind es die Rück- und hohlen Innenseiten von Gipsfiguren der Königlich Dänischen Abguss-Sammlung, die Lund mit blauem Wachs ausgießt. Es entstehen abstrakte Formen, deren Oberflächen die figurativen Merkmale der Plastiken – wie Nasen, Augen und Münder – noch erahnen lassen, zugleich aber auch Spuren des ursprünglichen Werkprozesses – das Modulieren der Plastiken von innen – aufweisen.
Die Aufmerksamkeit der Künstlerin gilt dabei der Oberfläche eines Objekts, die als filigrane Membran zwischen dem Innen und Außen kommuniziert. Die Leinwände in Stills (2014) sind gebrauchte Gardinen, die die Künstlerin während eines Aufenthalts in Arizona entdeckte. Sie sind ungleichmäßig verblichen, nachdem der drapierte Stoff jahrelang dem gleißenden Licht der Wüstensonne ausgesetzt war. Was bleibt, ist das Abbild eines Gegenstands, dessen Gebrauch sich wie bei einer lang belichteten Fotografie in das Material eingebrannt hat. In der zentralen Arbeit Torso führt Lund ihr Interesse an dem Verhältnis von Volumen und Oberfläche konsequent weiter, indem sie die weichen Abdrücke von Stoffen mit der harten Materialität des Betongusses kombiniert. Pullover werden direkt in die Gussform gelegt und nach dem Gießen und Trocknen wieder abgezogen, wobei Reste des Gewebes im Beton haften bleiben. Sie sind eigenständige Skulpturen und dienen zugleich als Sockel für kleinere Objekte in der Ausstellung. Bei Hand Full (2014) handelt es sich um Bronzeabgüsse von Lunds Hosentaschen. Sie sind Ausdruck der Erfahrung des Haltens und Gehaltenwerdens. Auch in der Serie Loads (2014), für die die Künstlerin das Innere von Rucksäcken ausgegossen hat, ist dieser Prozess der Transformation von Leere in Substanz gegenwärtig.
Dieses Spiel mit vermeintlichen Diskrepanzen zwischen Material und Form, Körper und Fläche, Gegenständlichkeit und Abstraktion, Träger und Werk ist paradigmatisch für Lunds vielschichtigen Umgang mit dem Format der Skulptur.

KULTURpur empfehlen