© andreas130 / www.fotolia.de
KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

Badischer Kunstverein


Waldstraße 3
76133 Karlsruhe
Tel.: 0721 28 226
Homepage

Öffnungszeiten:

Di-Fr 11-19 Uhr
Sa,So,Fei 11-17 Uhr

What Were You Expecting, Mr. Milquetoast, a Plot?

24.01.2014 - 30.03.2014

Der Badische Kunstverein präsentiert What Were You Expecting, Mr. Milquetoast, a Plot?, eine Gruppenausstellung mit Vittorio Brodmann, Calla Henkel & Max Pitegoff, Sanya Kantarovsky, Liz Magic Laser und Ola Vasiljeva. Die Ausstellung versammelt eine Generation junger KünstlerInnen, die den Prozess künstlerischer Produktion in den Fokus rücken und ihre Arbeiten in einem kontingenten Stadium zeigen – offen für Veränderungen von außen.
Der Ausstellungstitel stammt aus einer Kritik in der New York Times zu einer Neuinszenierung von Peter Handkes Publikumsbeschimpfung (1966) im Jahr 2008. Die Schauspieler verspotten die Zuschauer und bezeichnen sie unter anderem als „Milchgesichter“, die im Englischen zu „Milquetoasts“ werden. Sie spielen keine „Rolle“ im traditionellen Sinne, sondern brechen die theatrale Illusion, inszenieren keinen Plot. Angelehnt an das epische Theater wollte Handke dem Publikum seine eigene Rolle bewußt machen, indem er die Mechanismen des Theaters offenlegt. Auf ähnliche Weise hinterfragt What Were You Expecting, Mr. Milquetoast, a Plot? die traditionelle Gruppenausstellung, in der die Kunstwerke ausgewählt werden, um eine Narration zu veranschaulichen. Anstatt Kunstwerke in ein vorgegebenes Thema zu zwingen, begreift sich diese Ausstellung als ein offenes Setting sowohl für die KünstlerInnen als auch das Publikum.
Vittorio Brodmann betritt die Bühne als Anfänger-Stand-up-Comedian und gibt dem Publikum Einblicke in die „private, angsterfüllte kleine Hölle“, die auch in seinen Gemälden präsent ist. Sanya Kantarovsky konfrontiert die Besucher mit einer Reihe von der Decke hängender theatraler Tafeln, die übergroße Hemden tragen. Diese dienen als Ausstellungsfläche für seine Gemälde, die darauf wie Schmuckstücke oder Einstecktücher platziert sind. Sie zeigen Figuren, die im Begriff sind, etwas zu tun, beispielsweise auf Inspiration warten, eine Treppe heruntergehen oder Kunst betrachten. Damit verweisen sie nicht nur auf den/die KünstlerIn bei der Arbeit, sondern machen dem/der BesucherIn auch seine/ihre Rolle bei der Bedeutungsproduktion bewusst. Calla Henkel und Max Pitegoff präsentieren verschiedene Unterlagen aus ihrem „shitty archive“. Das Archiv versammelt weitgehend wertlose Dokumente aufgeladen mit „persönlichem Wert“ aus ihrer künstlerischen Praxis, ihrem Privatleben und der Bar Times und dem New Theater, die sie in Berlin betrieben haben bzw. vor wenigen Monaten eröffnet haben. Die in der Ausstellung präsentierten Fotografien des Künstlerduos zeigen befreundete Künstler, die ihre Belege für die Produktionskosten des Jahres durchgehen: Die Belege werden zu Platzhaltern für die Kunstwerke. Liz Magic Lasers Performance und Videoinstallation chase ist ein Reenactment von Bertolt Brechts Stück Mann ist Mann, das, um die Künstlerin zu zitieren, „die entmenschlichende Metamorphose eines gewöhnlichen Mannes zu einem autoritären Werkzeug des Kapitalismus“ beschreibt. Die Performances wurden in den Vorräumen New Yorker Banken aufgezeichnet. Die Bankautomaten und ihre Nutzer werden zu Charakteren und gleichzeitig zum Publikum ihres Stückes. Ola Vasiljeva, die mit verschiedenen Medien arbeitet – von Video über Skulptur, gefundenen und veränderten Objekten bis zu Printmedien und Poesie – wird eine ortsspezifische Installation entwickeln. Die Künstlerin plant ein vieldeutiges Environment, in dem die Objekte so angeordnet sind, dass sie in einen choreografierten Dialog treten.
Neben einzelnen Arbeiten der vier KünstlerInnen und des Künstlerduos zeigt What Were You Expecting, Mr. Milquetoast, a Plot? auch Werke, die durch neue oder bereits bestehende Kollaborationen entstanden sind. Die KünstlerInnen, die einer Generation entstammen, die den isolierten künstlerischen Prozess immer wieder aufgebrochen hat, greifen auch kollektive Strategien auf. So hat Ola Vasiljeva die OAOA (The Oceans Academy of Arts) gegründet, die Kunst sammelt und zeigt, ohne Hierarchien zwischen Ausstellungsraum, Kunstwerk und den Rollen der Beteiligten. Die Printmaterialien in Vasiljevas Installation, hat OAOA veröffentlicht. Vittorio Brodmann zeigt ein Gemälde, das er ursprünglich als Bühnenbild für das erste Stück von Calla Henkel & Max Pitegoff (Farming in Europe, gemeinsam mit den Koautoren Pablo Larios and Dena Yago) im New Theater produziert hat. Sanya Kantarovsky und Liz Magic Laser präsentieren eine neue Performance, für die sie Statistiken aus so unterschiedlichen Bereichen wie Politik, Popkultur und Wissenschaft auf theatrale Weise interpretieren. Die Performance wird zur Ausstellungseröffnung am 23. Januar um 21 Uhr Premiere feiern und während der Ausstellung als Videoinstallation zu sehen sein. Eine zweite Aufführung der Performance findet am 6. Februar um 19 Uhr im KW Institute for Contemporary Art in Berlin statt.
Vittorio Brodmann(*1987 in Ettingen, Schweiz) lebt und arbeitet in Wien. Calla Henkel & Max Pitegoff(*1988 in Minneapolis, Minnesota / *1987 in Boston, Massachusetts) leben und arbeiten in Berlin. Sanya Kantarovsky(*1982 in Moskau) lebt und arbeitet in New York. Liz Magic Laser (*1981 in New York) lebt und arbeitet in New York. Ola Vasiljeva(*1981 in Ventspils, Lettland) lebt und arbeitet in Amsterdam.

KULTURpur empfehlen