10.12.2011 - 26.02.2012
"Wenn jemand sagt: 'Keine Fotos!' - dann versuche ich, keine mehr zu machen. Aber bevor er das sagt, mache ich so viele, ich kann. Das ist das Spiel." Ron Galella
Die Jagd eines Paparazzo ist listig, rabiat und endet zuweilen schmerzhaft. Im schlimmsten Fall blutig - inklusive Kieferbruch und Zahnverlust. Für seine Undercover-Aktionen war Ron Galella kein Aufwand, kein Risiko zu hoch. Um die Celebrities in ihrer natürlichen Umgebung im richtigen Moment zu erwischen, ging er vor wie ein Detektiv, geduldig, ausdauernd, gerissen. Ob Jacqueline Kennedy, Marlon Brando, Greta Garbo, Andy Warhol, Sean Penn, Robert Redford, Muhammad Ali, Madonna, Mick Jagger oder Audrey Hepburn - er hat sie alle vor sein Objektiv bekommen. Seine Bilder sind eher Schnappschüsse, denn Porträts. Spontan, nicht gestellt und daher außerordentlich authentisch.
Ron Galella ist ein Pionier der Paparazzi-Fotografie. Anders als bei anderen Vertretern seines Metiers sehen die Stars bei ihm gut aus. Ungeachtet dessen gilt sein Interesse dem Geheimnisvollen der Stars jenseits von Pose und Maske. Was verbirgt sich hinter deren glamourösem Leben? Wie sind diese Menschen aus der Nähe? Wer sind sie? In der Tat geben seine Fotografien Antworten: Die Celebrities sind nicht besonders. Jeder könnte ein Star sein, denn nur die Medien erschaffen mit ihren Bildern Ikonen, Schönheit und Unsterblichkeit. Mit der Unmittelbarkeit seiner Paparazzi-Fotografien verstärkt und zerstört Ron Galella sorgsam aufgebaute Images und bietet gleichzeitig neuen Stoff für die ständige Sensationslust der Presse.
Im massenmedialen Geschäft geht es immer um Attraktion und Lenkung von Aufmerksamkeit - jede Nachricht, jedes Bild ist wichtig für die Publicity der Stars, diesem modernen Adel unserer Gesellschaft. Diese Verwertungslogik führt zu einer direkten Komplizenschaft zwischen Paparazzi und Prominenten. "Give and Take" lautet der unausgesprochene Vertrag zwischen Objekt und Subjekt, um entsprechende Popularität zu erlangen. Beide lassen sich auf ein ambivalentes Spiel zwischen Authenizität und Inszenierung, Andeutung und Beleg, Aggressivität und Besänftigung ein. Bei dieser symbiotischen Beziehung stellt sich die Frage, ob und wieweit Paparazzi-Fotografien kalkuliert sind. Diese klassische Kooperation ist im Zeitalter der Handykameras und des Internets jedoch kaum noch ertragreich, denn jeder kann zum Paparazzo werden und seine Bilder vertreiben. Daher bringt dieses bildjournalistische Genre heute kaum noch namhafte Fotografen wie Ron Galella hervor - umso mehr sind seine Werke einzigartige, zeithistorische Dokumente.
Anlässlich der Berlinale zeigt C/O Berlin ca. 140 Schwarz/Weiß-Fotografien von Ron Galella. Die Ausstellung wurde von Gerardo Mosquera, Photo Espana Madrid, in Zusammenarbeit mit Felix Hoffmann, C/O Berlin, kuratiert.
Ron Galella, 1931 in der Bronx in New York City, geboren, begann seine Karriere als Fotograf bei der Air Force. Mit Anfang zwanzig zog er nach Los Angeles und machte eine Ausbildung zum Fotojournalisten. In seiner Freizeit fotografierte er auf Filmpremieren eintreffende Stars und verkaufte seine Bilder an National Enquirer und Fotoplay. Seine fotografische Herangehensweise führte neben körperlichen Übergriffen auch zu Klagen - unter anderem von Jacqueline Kennedy. Nach einem ersten Gerichtsverfahren 1972 durfte er ihr nicht näher als 25 Fuß kommen. Da er die Auflage vier Mal gebrochen hat, kam es 1982 zu einem zweiten Urteil. Hier musste er versprechen sie bis an ihr Lebensende nicht mehr zu fotografieren. Andy Warhol hingegen verehrte den Fotografen, Liz Taylor verwendete für ihre Autobiografie Bilder von ihm. Neben seinen spontanen Paparrazzi-Fotografien, inszenierte Ron Galella auch Aufnahmen im Auftrag diverser Magazine wie Time, Rolling Stone, VOGUE oder auch Vanity Fair. Seine Fotografien wurden weltweit in Ausstellungen gezeigt und in Büchern publiziert.