Die Seidenstraße verbindet seit jeher Ostasien mit dem Westen und war einst ein berühmter Handelsweg, über den nicht nur Güter, sondern auch Religionen und Kulturen ausgetauscht wurden. Heute ist die Trasse über weite Strecken tot, in Elend verkommen und wird als Drogenroute genutzt. Über zwanzig Jahre haben Robert Knoth und Antoinette de Jong die Spur des Heroins verfolgt, die von Afghanistan über Zentralasien, Russland und den Balkan nach Ostafrika, Dubai und Westeuropa führt und sich in den Straßen von London verliert. Brutale Bandenkriege, tödliche Sucht, illegale Geldwäsche, skrupellose Korruption sowie käufliche Liebe gepaart mit der epidemieartigen Ausbreitung von AIDS – als multimediale Installation angelegt dokumentiert das Projekt „Poppy" auf beeindruckende Weise die dunkle Seite der Globalisierung , die sich in den Gesichtern von Dealern, Gefangenen, Prostituierten, Süchtigen, Grenzsoldaten und Polizisten spiegelt.
In den 1980er Jahren wird in Afghanistan Opium und Heroin geschmuggelt, um mit dem Erlös Waffen im Krieg gegen die sowjetische Besatzungsmacht zu erwerben. Auf den Niedergang des kommunistischen Regimes in den frühen 1990ern folgt ein blutiger Bürgerkrieg. Die amerikanische Besatzung in Afghanistan ist nach dem 11. September 2001 ist vom Anstieg der afghanischen Opiumproduktion geprägt. Heute produziert das Land wieder 90 % des gesamten Opiums weltweit. Jährlich werden 50 Milliarden Dollar mit afghanischem Heroin verdient, weltweit konsumieren etwa 15 Millionen Menschen Heroin aus Afghanistan. Die Zahl der Drogentoten wird auf 100.000 pro Jahr geschätzt.
„Poppy" veranschaulicht in einer Art Kaleidoskop, welches Chaos, welche Gewalt und welche Undurchsichtigkeit entlang der Handelsroute des Heroins herrschen. Der Rezipient taucht in vielschichtige parallele Welten ein, in denen unterschiedliche Ereignisse und Entwicklungen miteinander verknüpft sind. Dadurch muss der Betrachter sich immer wieder neu positionieren und wird in eine Bild- und Informationsflut hineingezogen, die faszinierend wie beängstigend ist. Angesichts der Komplexität dieses Themas entwickelten Robert Knoth und Antoinette de Jong eine adäquate Ästhetik, experimentieren mit nicht-linearen Formen des Geschichtenerzählens und lassen das Medium der Fotografie mit anderen dynamischeren Techniken wie Video und Multi-Screen-Projektionen verschmelzen.
Die Ausstellung besteht aus einer 45minütigen Installation mit vier Videoprojektionen sowie zusätzlichen Fotografien und Informationstafeln. C/O Berlin zeigt „Poppy" in Kooperation mit der Gesellschaft für Humanistische Fotografie. Das Projekt wurde produziert von Paradox und vom Mondriaan Fund unterstützt. Bei Hatje Cantz ist eine Publikation erschienen.
Robert Knoth, geboren 1963 in Rotterdam, ist ein international renommierter Dokumentarfotograf. In den 1990er Jahren war er in vielen Krisenregionen in Afrika, Asien und auf dem Balkan tätig. In letzter Zeit hat er sich auf Langzeitprojekte konzentriert, in denen er komplexen Themen nachgeht. Seine Arbeiten wurden weltweit in Zeitungen und Magazinen wie der New York Times, dem Guardian und dem Spiegel publiziert und international in vielen Einzelausstellungen gezeigt. Robert Knoth hat in seiner Karriere etliche Preise gewonnen, darunter den Deutschen Fotobuchpreis 2012, zweimal den World Press Award und mehrmals den Dutch Silver Camera Award.
Antoinette de Jong, geboren 1964 in Tilburg, ist eine Fotografin, Autorin und Rundfunkjournalistin, die in den Niederlanden lebt. Sie hat in vielen Konfliktregionen gearbeitet, darunter Somalia, Irak und Jugoslawien. Zu ihren Arbeiten gehören komplexe Reportagen und Dokumentationen, unter anderem für BBC World Service und Radio Netherland World Service. Außerdem hat sie fast zwei Jahrzehnte lang über die Entwicklungen in Afghanistan und Pakistan berichtet. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Zeitungen und Magazinen veröffentlicht.