Galerie Stihl Waiblingen

Die Galerie Stihl Waiblingen beteiligt sich im Jahr 2014 mit einer Ausstellung wertvoller Originalgrafiken aus der Zeit um 1500 am interkommunalen Ausstellungsprojekt zum 500sten Jubiläum des Bauernaufstands „Armer Konrad“. 1514 entstand auch Albrecht Dürers vielschichtige, künstlerisch wegweisende Darstellung eines ausgelassen tanzenden Bauernpaares. Ausgehend von diesem grafischen Meisterwerk eröffnet die Ausstellung ein facettenreiches Panorama künstlerischer Blicke auf die Menschen an der Schwelle vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit. Die präsentierten Werke spiegeln das mentalitätsgeschichtliche und gesellschaftliche Umfeld des „Armen Konrad“ wider und fächern eine faszinierende Bildwelt prallen Lebens auf.
In der gesellschaftlich und politisch spannenden Umbruchszeit traten in der Kunst zunehmend weltliche Themen wie Bauern, Paare oder Feiernde neben religiöse Darstellungen. Die neuartigen Menschenbilder spiegeln teils die frühneuzeitliche Ständegesellschaft – Adel, Klerus, Bürger und Bauern – und lassen vor allem die damals vorherrschenden Vorstellungen von Moral oder Schönheit sowie die Auseinandersetzung mit existenziell-menschlichen Themen wie Liebe und Tod nachvollziehbar werden.
Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden Darstellungen von Bauern, die nach Anfängen im 15. Jahrhundert in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu einem beliebten Thema in der profanen Druckgrafik avancierten. Im ersten Teil der Ausstellung werden Werke gezeigt, die verschiedene Sichtweisen auf die Bauern der Dürerzeit repräsentieren: Sie werden teils als hart arbeitende Stützen der Gesellschaft gezeigt, häufiger jedoch als exemplarische Figuren aus dem Bereich des sozial und moralisch Niederen geschildert und als „Bauerntölpel“ verspottet. Ausgehend von Darstellungen bäuerlicher Paare widmet sich ein weiteres Ausstellungskapitel der künstlerischen Auseinandersetzung mit Liebespaaren und den darin vorgebrachten Moralvorstellungen. In einer weiteren Sektion werden Bilder zeitgenössischer Vergnügungen aufgefächert: Dabei wird nicht nur das Thema „Bauernfest“ beleuchtet, das sich im 16. Jahrhundert zu einem eigenen, bis zu den berühmten Bauerndarstellungen Bruegels ausstrahlenden Genre ausbildete, sondern auch kontrastierende Motive aus dem bürgerlichen und höfischen Kontext, etwa Ball- oder Turnierszenen, in den Blick genommen. Durch den Fokus auf künstlerische Auseinandersetzungen mit übergreifenden Menschheitsthemen – etwa mit der idealen Liebe oder den menschlichen Lastern – werden Einblicke in die Mentalität und in grundlegende Lebensfragen der Zeit um 1500 möglich. Darüber hinaus lassen die gezeigten Grafiken eindringlich nachvollziehen, dass im Zuge des geistig-kulturellen Aufbruchs dieser Zeit der Mensch ins Zentrum des künstlerischen Interesses rückte, und bieten den Besuchern mit Arbeiten herausragender Künstler wie Martin Schongauer, Albrecht Dürer oder Lucas Cranach einen hohen ästhetischen Genuss.