Etwa 30.000 Menschen in Deutschland und im besetzten Europa wurden von Gerichten der Wehrmacht u. a. als Deserteure, Wehrkraftzersetzer oder Kriegsverräter zum Tode verurteilt, über 20.000 hingerichtet – so auch im Innenhof des Landgerichts Weimar mit einer Guillotine. Bereits vor Beginn des Zweiten Weltkriegs war es zudem gängige Praxis, sogenannte schwer erziehbare Soldaten der Wehrmachtstrafeinheiten (Sonderabteilungen) zur Strafverschärfung in Konzentrationslager zu überstellen. Bis zur Befreiung im April 1945 wurden in den KZ Buchenwald und Mittelbau-Dora allein mehr als Eintausend Deserteure festgehalten.
Vor diesem lokalen Hintergrund wird die Ausstellung "Was damals Recht war ..." in der Gedenkstätte Buchenwald präsentiert. Auf einzelnen Stelen werden in der Ausstellung elf Lebenswege von Verurteilten skizziert. Portraits von fünf Richtern, die während der NS-Zeit die Urteile fällten, werden ebenfalls gezeigt. Unter ihnen ist der bekannte Marburger Professor und Rechtswissenschaftler Erich Schwinge, der auch nach dem Zweiten Weltkrieg seine Tätigkeit u. a. als Universitätsrektor fortsetzen konnte. Die Ausstellung macht deutlich, dass die damals agierenden Richter Handlungsspielräume hatten. Einige wussten dies zugunsten der Angeklagten auch zu nutzen.
Die meisten Überlebenden mussten viele Jahre auf ihre Rehabilitierung warten. Nach 1945 begegnete die Mehrzahl der Deutschen den Opfern der Wehrmachtjustiz mit Ablehnung und Feindschaft. Jahrzehntelang galten Deserteure in der Bundesrepublik als "Vaterlandsverräter" oder "Feiglinge". Sofern sie nicht den Nachweis führen konnten, dass ihre Tat eindeutig politischen Motiven entsprang, blieben sie in beiden deutschen Staaten von der Entschädigung ausgeschlossen. Erst Anfang der 1980er Jahre setzte ein Wandel in der öffentlichen Meinung ein. Dennoch galten Deserteure noch bis Ende der 1990er Jahre offiziell als vorbestraft. Erst in den Jahren 1998, 2002 und 2009 hat der Deutsche Bundestag die Urteile der Wehrmachtjustiz für Unrecht erklärt und aufgehoben.
Am 15. Mai 2001 wurde in der Gedenkstätte Buchenwald ein Gedenkstein für Deserteure eingeweiht, es war der erste in einer deutschen KZ-Gedenkstätte. Die dadurch ausgelösten Nachforschungen machten deutlich, wie stark das Thema mit der Geschichte des Ortes verzahnt ist. Schon seit der Eröffnung des Lagers gab es Gruppen und Einzelpersonen, deren Einweisung durch die Gestapo mit Wehrdienstverweigerung zu tun hatte. Die ersten waren 1937 die Zeugen Jehovas, deren Haft häufig mit drei bis neun Monaten Strafkompanie begann. Im September 1939 verweigerten sie auf dem Appellplatz geschlossen die Meldung zur Wehrmacht.
Nach Kriegsbeginn, als Verweigerung oder Desertion in der Regel mit einem gerichtlichen Todesurteil endeten, wurden nur vereinzelt Deserteure eingewiesen. Das änderte sich nach Himmlers Ernennung zum Befehlshaber des Ersatzheeres schlagartig. Ab Herbst 1944 übergab die Wehrmacht verurteilte Wehrmachtangehörige zur Zwangsarbeit in die Konzentrationslager Buchenwald und Mauthausen (Österreich); "zum Zwecke des schweren und gefahrvollen Arbeitseinsatzes" hieß es dazu in einem Informationsblatt für die Gerichte des Feldheeres. Es sollte die "Unerziehbaren", "Unbelehrbaren", "für die Wehrmacht endgültig Untragbaren" treffen.
Buchenwald war ab Oktober 1944 das zentrale Einweisungslager dieser Aktion "Zwischenhaft II". Alle "Zwischenhaft"-Gefangenen sollten in das Konzentrationslager Mittelbau-Dora gebracht werden. Etwa 800 Wehrmachtangehörige, die jüngsten gerade 18 Jahre alt, mussten bis Kriegsende diesen Weg gehen – neun von zehn wegen Desertion, unerlaubter Entfernung "Wehrkraftzersetzung", Wehrdienstentziehung, Feindbegünstigung Seite 3/3 oder "Vorbereitung zum Hochverrat". Fast alle Häftlinge der "Zwischenhaft II" kamen in das Außenlager Sollstedt des KZ Mittelbau-Dora. Während der Evakuierung dieses Lagers im April 1945 kamen Hunderte ums Leben. In Steyer (Österreich) wurden die übrigen Zwischenhaft II-Gefangenen – 450 von 1.020 – befreit.