29.09.2012 - 06.01.2013
Der griechische Künstler Vlassis Caniaris (1928-2011) ist in seinem Heimatland einer der bekanntesten Künstler seiner Generation. So präsentierte er 1958 die erste Ausstellung abstrakter Gemälde in Griechenland und äußerte sich während der Militärdiktatur mit seiner künstlerischen Arbeit kritisch zu politisch-gesellschaftlichen Fragen. Außerhalb seines Heimatlandes jedoch fällt ihm heute eher der Status eines "Künstler-Künstlers" zu - d.h. internationale Künstler/innen kennen und schätzen sein Werk, im heutigen Kunstbetrieb aber ist es, nach großen internationalen Ausstellungen von den 1960er bis 1990er Jahren, eher in Vergessenheit geraten. Nach seinem Tod Anfang 2011 wird die GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst diesem Ausnahmekünstler nun seine erste institutionelle Einzelausstellung außerhalb Griechenlands seit 1992 widmen und so die verdiente Wiederentdeckung einleiten.
Caniaris' Werk ist klassisch europäisch geprägt und beinhaltet eine immense formale Entwicklung und inhaltliche Vielfalt. Es erarbeitet sich einen eigenständigen Pfad durch die ästhetischen Fragestellungen seit den 1950er Jahren, der sich deutlich unterscheidet von den Resultaten seiner bekannten Zeitgenossen (z.B. Robert Rauschenberg, Jasper Johns oder Cy Twombly). Während seines Aufenthaltes in Rom (1956-1960) konzentriert sich Caniaris noch ganz auf das zweidimensionale Bild und orientiert sich stark an Giorgio de Chirico und einem symbolistischen Realismus. Spätestens mit seinem Aufenthalt in Paris (1960-1967 und 1969-1973) sucht er die Fläche aufzulösen, öffnet sich der Abstraktion, dem Dreidimensionalen und der Materialassemblage. Durch die politische Situation seines Heimatlandes (in das er 1967 zurückkehrt, um am Widerstand gegen die Junta teilzunehmen, 1969 jedoch zur Rückkehr nach Paris gezwungen wird) und seinen Aufenthalt in Berlin (1973-1975) verstärkt sich neben dem Interesse an skulptural-ästhetischen Fragen auch die gesellschaftskritische Dimension seiner Arbeiten.
Caniaris' Bildsprache ist überaus eigenständig und für seine Zeit überraschend. Beteiligungen an der Biennale Venedig (1964 und 1988) und der Documenta 6 (1977) sowie zahlreiche Einzelausstellungen (z.B. Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris (1970), Moderna Museet, Stockholm (1972) oder ICA Institute of Contemporary Arts, London (1976)) tragen dem schon früh Rechnung. Bereits in den 1960er und 1970er Jahren entwickelt er einen Formen- und Materialkosmos, der bedeutende Künstler/innen bis heute beeinflusst. In den frühen Objekten und Installationen findet sich ein Materialumgang, wie er etwa in zeitgenössischen Werken von Isa Genzken, Cathy Wilkes oder Kai Althoff etabliert ist.
In seiner Funktion als wesentlicher Impulsgeber für eine jüngere Generation Kulturschaffender wird die GAK das Werk von Caniaris in seinen wichtigsten Entwicklungsbeispielen nachzeichnen. Die Ausstellung wird darüber hinaus von zahlreichen Veranstaltungen begleitet, die seine künstlerische Arbeit und dessen Bedeutung für die heutige Produktion zeitgenössischer Kunst auf vielfältige Weise beleuchten.