Licht, Farbe und etwas Magie zeichnen die märchenhaften Madonnenbilder der Schweizer Künstlerin Annelies Štrba aus. Bereits in frühester Kindheit in den Bann der Muttergottes-Darstellungen gezogen, blieb die Faszination für das Thema ihr ständiger Begleiter. Für Štrba ist Maria Urbild aller Frauen und Mütter, Symbol für das Weibliche schlechthin; sie ist Ikone im wahrsten Sinne des Wortes.
In den beiden präsentierten Bildserien – die eine auf Leinwand, die andere auf Papier gedruckt – spiegelt sich Štrbas intensive Auseinandersetzung mit einem der ältesten, christlichen Themenkreise in konzentrierter Form wider. Seit Jahren fotografiert die Künstlerin Mariendarstellungen in Kirchen und Kapellen, um sie danach einer geheimnisvoll anmutenden, kunstvollen Verwandlung zu unterziehen. Mutig bricht sie dabei mit Sehgewohnheiten und spielt, einer Magierin gleich, mit der Wahrnehmung des Betrachters. Dabei greift Štrba nicht zu Farbe und Pinsel sondern bedient sich des Computers als unentbehrliches Zauberwerkzeug bei der Erschaffung ihrer „Lichtmalereien“. Štrbas Arbeiten sind das Ergebnis eines freudvollen Experimentierens mit Verfremdungen, Verzerrungen und dem Vordringen in ungewöhnliche, neuartige Farbwelten.
Madonnen Alter Meister aus dem Bestand der Graphischen Sammlung bereichern die Ausstellung und bestechen durch ihre stilistische und ikonographische Vielfalt: In Martin Schongauers Maria mit Kind im Innenhof (ca.1470-1482) ist Jesus sanft in den Schoss seiner Mutter gebettet und das Göttliche unmittelbar durch die Heiligenscheine erkennbar. In Lucas van Leydens Maria mit Kind unter einem Baum sitzend (1514) verzichtet der Künstler auf jegliche Heiligenattribute. Israel van Meckenem schildert Maria schliesslich als Madonna auf der Mondsichel (1502), die in der Apokalypse des Johannes siegreich aus dem Kampf gegen das Böse hervorgeht. In prunkvolle Gewänder gehüllt wird sie von Engeln zur Himmelskönigin gekrönt.
Die Ausstellung vereinigt die Vielfalt historischer Mariendarstellungen mit Annelies Štrbas zeitgenössischem Blick auf eine beinahe zwei Jahrtausende alte, christliche Bildtradition. Mittels moderner, technischer Hilfsmittel gelingt es der Künstlerin die Madonnen gleichsam in die Gegenwart zu holen. Obschon Štrbas Marienbilder losgelöst von ihrem eigentlichen religiösen Kontext erscheinen, büssen sie nichts von ihrer transzendenten Aura ein. Im Gegenteil: Durch die Verwandlung wird diese nicht verleugnet, sondern in neuer, aussergewöhnlicher Weise sichtbar gemacht.