Lara Almarcegui (*1972) erkundet in ihrem Werk den urbanen Raum, sie erforscht die Beziehung zwischen Konstruktion, Verfall und Regeneration unserer gebauten Welt und beschäftigt sich mit den Besitzverhältnissen von Bodenschätzen. Berühmt geworden ist sie 2013 mit ihrem Werk für den spanischen Pavillon an der Biennale von Venedig. Dort trug sie im Innern das für die Erstellung des Pavillons verwendete Material in Form von Bauschutt zusammen. Man erblickte zugleich die gebaute Architektur wie seine Rohstoffe. Die Materialität und Konstruktion wurde mit einer unmittelbaren physischen Direktheit erfahrbar. Almarcegui sagt zu ihrer Herangehensweise: «Ich suche nach einem Weg über Architektur zu sprechen, ohne Bilder zu benutzen.» Dies gelingt ihr, indem sie – einer Wissenschaftlerin ähnlich – akribisch recherchiert und ein dichtes Netz von Informationen zusammenträgt.
Seit Mitte der 1990er-Jahre sammelt die in Rotterdam lebende Künstlerin historische, geografische, ökologische und soziologische Fakten zu Bauten und peripheren Gebieten, zu Materialien und Rohstoffen. Oft bewegt sich Almarcegui dabei an Zonen des Übergangs. Sie lenkt unsere Aufmerksamkeit auf verlassene, meist leere und oft vergessene Räume in der Stadt oder in Stadtnähe. Es sind brachliegende Gebiete mit oder ohne moderne Ruinen, die verwildern und in denen sich zugleich neue Schritte der Stadtentwicklung abzuzeichnen beginnen. Sie befragt Expertinnen und Experten zu solchen «Terrains Vagues» und hält alle diese Informationen in «Guides», kleinen Kunstführern fest, in denen sie eine nüchterne alternative Lesart von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines Gebietes vereint.
In der Graphischen Sammlung werden solche «Guides» ebenso zu sehen sein, wie andere ausgewählte Projekte der renommierten Künstlerin. Erstmals wird ein besonderes Augenmerk auf die Rolle der Zeichnung gelegt. Abstrahierte Zeichnungen, die beispielsweise in Zusammenhang mit ihrem Kauf von Schürfrechten für Eisen entstanden, hängen neben fast schon expressiven, die Projekte mit aufgehäuftem Baumaterial thematisieren. Almarcegui greift in ihrem Werk stets Themen von grösster Relevanz auf: Sie macht deutlich, dass die Welt des Gebauten und Gefertigten nie losgelöst von politischen, sozialen und ökologischen Veränderungen gesehen werden kann. Denn: Neutralität ist eine Illusion.