Das 20. Jahrhundert, in dessen Schatten wir noch leben, gilt weithin als das erste im Wesentlichen zukunftsbezogene Zeitalter. Zwar haben die wissenschaftliche Prognose und das Fortschrittsdenken ihren Ursprung in der europäischen Aufklärung. Doch erst die gewaltigen Durchbrüche und Meilensteine, die globalen Umwälzungen und Kataklysmen seit dem Beginn des Ersten Weltkrieges rückten die Idee der Zukunft in den unmittelbaren Blickpunkt von Politik, Wissenschaft, Kunst und Alltag.
Diese Idee der Zukunft, die alle Enttäuschungen und Verirrungen des 20. Jahrhunderts überdauert oder gar einverleibt hat, bildet den Ausgangspunkt für die neue Sonderausstellung der Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof - Museum für Gegenwart - Berlin, die den betörenden Horizont des "Noch-Nicht" in den Blick nimmt.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die titelgebende Skulptur von Joseph Beuys, "Das Ende des 20. Jahrhunderts (1. Fassung)". Anfang der 1980er Jahre, als das so herbeigesehnte wie gefürchtete "Ende des 20. Jahrhunderts" noch in der Zukunft lag, arrangierte der Künstler 21 liegende Basaltstelen, einen Hubwagen und eine Brechstange zu einer der eindringlichsten Prognosen unserer Zeit.
Die Präsentation entfaltet sich in zehn Kapiteln, die Beuys' Formulierung der Zukunft aufgreifen, erweitern oder auch infrage stellen. In einer assoziationsreichen Gegenüberstellung zwischen repräsentativen Kunstwerken der Sammlung Marx und einer Auswahl von international renommierten, vorwiegend jüngeren Positionen wird der Frage nachgegangen, was unsere Vorstellungen der Zukunft - Ruinenlandschaften wie Luftschlösser - über uns und unsere Gegenwart offenbaren, darüber, wovor wir uns fürchten, und über das, wonach wir uns sehnen. Was auf uns zukommt, bleibt offen.