Mit einer großen Ausstellung widmet sich die Hamburger Kunsthalle erstmalig einem ebenso universalen wie vielfältigen, aber auch gesellschaftlich brisanten und hochaktuellen Thema: WARTEN. Zwischen Macht und Möglichkeit. In der Galerie der Gegenwart sowie an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Museums werden Arbeiten von 23 internationalen Künstler_innen präsentiert.
In Fortsetzung der Ausstellung Besser Scheitern (2013), die auf breites Interesse stieß und international Beachtung fand, nähert sich die Kunsthalle einem anachro-nistischen Phänomen unserer beschleunigten, auf unmittelbare Bedürfnisbefriedi-gung angelegten Gesellschaft.
Warten ist unerfreulich, aufreibend und kostspielig. Es legt Machtverteilungen in-nerhalb sozialer Systeme offen und wird zum Indikator von Status und Position: Bevorzugter Zugang an Erste-Klasse-Schaltern oder verkürzte Wartezeiten für Privatversicherte einerseits und lange Wartezeiten bei Asyl-Antragsverfahren andererseits machen dies exemplarisch deutlich. Privilegierte und Menschen mit Macht warten nicht; sie lassen warten.
Geduld und Langmut geraten in unserer heutigen Zeit, in der alles jederzeit und überall verfügbar erscheint, vermehrt aus dem Blick. Pausenfüllender Konsum und der minütliche Kontrollblick aufs Smartphone vertreiben das Warten und da-mit auch eine mögliche Zeit der Reflexion und des Bei-Sich-Seins. Die Fähigkeit, abzuwarten und zukunftsorientiert zu handeln, ist eine Kulturleistung, die uns – wie die berühmten Marshmallow-Experimente der 1970er Jahre in Langzeitstudien zeigten – zu einem selbstbewussten, erfolgreichen und sozial kompetenten Leben befähigt.