Aufbruch und Lebenseuphorie wichen in den 1970er Jahren Horror-Szenarien von Umweltschäden und Luftverpestung, die die Überlebenschance auf der Erde über kurz oder lang nur noch mit Atemgeräten oder in abgeschlossenen Schutzreservaten möglich erschienen ließen. Das Vertrauen in Technik und Kreativität waren jedoch so groß, dass selbst diese Bedrohungen lösbar erschienen.
Haus-Rucker-Co begann 1967 in Wien an einem radikal neuen Architekturbegriff zu arbeiten. Die zunächst drei und später vier Beteiligten Laurids Ortner, Günter Zamp Kelp und Klaus Pinter, die ab 1971 durch Manfred Ortner und Carol Michaels unterstützt wurden, hatten die Wiener Hochschule gerade hinter sich. Die Gruppe entwickelte utopische Objekte zur Erweiterung von Wahrnehmung und Kommunikation. Ihre interaktiven „Mind-Expander" und pneumatischen Luft-Architekturen sorgten Ende der 1960er Jahre für großes internationales Aufsehen. Heute wird die ver-rückte Welt („Rucker" = Weiter-rücken) von Haus-Rucker-Co vielfach von jüngeren Zeitgenossen wie Tomás Saraceno, Ólafur Elíasson, Hussein Chalayan, RAUMLABOR u.a. zitiert und weitergedacht.
„Architekturutopie Reloaded" wirft einen ausführlichen Blick auf die innovative Kraft der Gruppe Haus-Rucker-Co zwischen 1967 und 1977. Dabei stammen die Leihgaben größtenteils aus den inzwischen in Berlin befindlichen Archiven der Architekten und Gründer der Gruppe, Günter Zamp Kelp, Ortner&Ortner. Mit begehbaren pneumatischen Räumen, Zeichnungen, Dokumentationen und originalem Filmmaterial vermittelt die Ausstellung die heute wieder aktuelle Atmosphäre nachhaltiger Gestaltung im Raumfahrtstil der 1960er Jahre. Im begleitenden Katalog werden die Ursprünge der Labor- und Weltraumästhetik der 1960er bis in die 2000er Jahre zurückverfolgt sowie nach der heutigen Relevanz von HRC gefragt.