Der Konzeptkünstler Florian Dombois (geb. 1966 in Berlin, arbeitet in Zürich) befasst sich seit den 1990er Jahren vor allem mit der Darstellung seismologischer Phänomene im künstlerischen Kontext. Im Fokus des studierten Geophysikers stehen dabei Modelle, Landformen, seismische und tektonische Aktivitäten, wissenschaftliche und technische Fiktionen in unterschiedlichen Medien und Formaten. Sein Repertoire umfasst sowohl Klang- und Rauminstallationen als auch Happenings und Performances. Das Klangprojekt «Angeschlagene Moderne», das er im Museum Haus Konstruktiv realisiert hat, ermöglicht eine ungewöhnliche akustische Auseinandersetzung mit unserem konstruktiv-konkreten und konzeptuellen Erbe.
Für sein Ausstellungsprojekt geht Florian Dombois von den Sammlungsbeständen des Museum Haus Konstruktiv aus und formuliert daran seinen Zweifel am Optimismus der Moderne. Dazu unterteilte er die in der Sammlung vertretenen Künstlerinnen und Künstler in zwei Gruppen: jene der vor – und jene der nach 1960 Geborenen. Die Objekte und Skulpturen der älteren Generation bilden die Basis für seine Klanginstallation, die im Aussenbereich und im Entrée unseres Museums zu hören ist. Unter Berücksichtigung der konservatorischen Massgaben wählte der Künstler 23 Arbeiten aus, die er mit einem Mallet anschlug. Die Eigenschwingungen der angeschlagenen Objekte, deren Klangspektrum je nach Materialität variiert, wurden mit einem Kontaktmikrofon abgehört und aufgenommen. Mit der Verschiebung vom Sicht- ins Hörbare formuliert Dombois den Versuch einer alternativen Rezeption, einer veränderten Wahrnehmungsperspektive. Die 23 Samples wurden mithilfe eines Computerprogramms zu einer Uhr zusammengefügt und um eine Art Carillon ergänzt, das alle drei Stunden Improvisationen einspielt. Die Reihenfolge der Klänge wird alle 24 Stunden, um Mitternacht, per Zufallsgenerator neu festgelegt und um eine Leerstelle ergänzt, sodass einmal täglich die Viertelstundenschläge und einmal die vollen Stundenschläge ausfallen. Die Klanginstallation spielt wie eine Turmuhr im Viertelstundentakt – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche – und befragt aus ihrer Schwellenposition heraus die Zeit sowohl im musealen Innen- als auch im städtischen Aussenraum. Und sie hält immer wieder in ihren Leerstellen inne, um sich selbst infrage zu stellen.
Mit den Werken der nach 1960 geborenen Künstler kuratierten Sabine Schaschl und Dombois im 3. Stock die Ausstellung «Aus der Sammlung». Sie nimmt Fragen der «Angeschlagenen Moderne» auf und trägt sie in den jüngeren Teil der Sammlung hinein.