Die Ausstellung mit dem programmatischen Titel „Was wir zeigen wollen“ bietet einen unkonventionellen und generationsübergreifenden Überblick über Praktiken, Bildsprachen und Gesten des Zeigens und Erzählens im Medium der Malerei sowie in angrenzenden Formaten wie Text und Film. Die eingeladenen Künstler stehen für eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der von ihnen gewählten bildnerischen Mittel. Immer werden in ihren Arbeiten auch persönliche Geschichten und die Rahmenbedingungen der Entstehungszeit ihrer Werke mitreflektiert.
Mit einer breiten Bildauswahl gibt Bertold Mathes (geb. 1957, Freiburg) Einblick in seine langjährig entwickelte Praxis. Malerei ist hier kontinuierliche Versuchsanordnung und wird, anhand einer Art eigener Grammatik, ständig weiter entfaltet und gleichzeitig in Frage gestellt. Das Arbeiten in Serie wird von Einzelwerken unterbrochen, in denen der Künstler das Erarbeitete formal zu konterkarieren sucht. Die Parallelproduktion des Künstlers – gezeichnete „Register“-Blätter oder „Transfer“-Arbeiten auf Papier – zeugen für seine intensive Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Malerei und ihrer Geschichte.
Auch im Mittelpunkt des Werkes der Schriftstellerin und Malerin Etel Adnan (geb. 1925, Beirut), die über mehrere Jahre Zeugin des Libanesischen Bürgerkriegs war, steht die Arbeit an der eigenen Sprache. Über die Abgrenzung zur Literatur findet die Künstlerin ihren Weg zur Malerei. Im Unterschied zum Schreiben – das sie als etwas Soziales begreift, weil wir die Worte miteinander teilen – bedeutet Malerei für sie etwas Spontanes, frei von gesellschaftlichen Zwängen.
Ähnlich wie bei Adnan ist auch die Biografie Sarah Schumanns (geb. 1933, Berlin) zunächst geprägt durch den Krieg (II. WK), aus dem sie sich künstlerisch herausarbeitet. In ihren frühen Schock-Collagen beschäftigt sie sich bereits mit dem Bild der Frau und collagiert weibliche Ikonen in Bildern der Zerstörung. Nach mehreren Reisen kehrt sie 1968 nach Berlin zurück, entwickelt eine eigene Maltechnik und tritt der Frauengruppe „Brot und Rosen" bei. In dieser Zeit wird sie auch Mitinitiatorin der NGBK-Ausstellung „Künstlerinnen International 1877-1977“, die 1977 erstmalig einen historisch umfassenden Überblick über die Kunst von Frauen gab.
Der Frage nach den Auswirkungen dieses Engagements geht Michaela Melián (geb. 1956, München) in ihrer Multimedia-Installation „Silvia Bovenschen und Sarah Schumann“ (2012) nach: Parallel zu Gemälden der Künstlerin lässt sie Sarah Schumann und ihre Partnerin, die feministische Schriftstellerin Silvia Bovenschen, zu Wort kommen. Im Heidelberger Kunstverein wird die Installation Meliáns nun erstmals in Bezug zu Originalen von Schumann gesetzt.
In dem 1978 für das Fernsehen produzierten Dokumentarfilm „Ein Bild von Sarah Schumann“ begleitet Harun Farocki (geb. 1944, Nový Jicín) die Entstehung eines typischen figurativen Gemäldes der Künstlerin: Er lässt uns mitverfolgen, wie sie in Collagetechnik Fotografie und Malerei über- und ineinander arbeitet. Ergänzend wird thematisiert, wie viel Zeit Schumann in ihre künstlerische Produktion investiert.
Mit „Malerei heute“ (mit Anja-Christin Remmert) entwirft auch der Filmemacher und Maler Stefan Hayn (geb. 1965, Rothenburg ob der Tauber) eine Art Langzeitdokumentation. Begleitet von Texten, realen Szenen und experimenteller Musik vollzieht er anhand von Plein-Air-Aquarellen eine persönliche Erzählung der politisch vorangetriebenen ökonomischen Veränderungen der Jahre 1998–2005. Malerei wird zum Ausgangsmaterial für einen Film, der Prozesse des Bildermachens und -betrachtens, das „malerische Sehen“ selbst thematisiert. Hayns neuester Film „S T R A U B“ (2006–2014) fokussiert die persönliche Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Oeuvre der marxistisch orientierten Filmemacher Jean-Marie Straub und Danièle Huillet.
Mit „Was wir zeigen wollen“ möchten wir nicht zuletzt die Frage stellen, wie in den ausgewählten Werkkomplexen Ausdrucksmöglichkeiten von Text, Film oder kuratorischer Arbeit in Malerei hinein-reflektieren oder umgekehrt malerische Diskurse in anderen Medien aufgegriffen und widergespiegelt werden.