30.10.2011 - 31.01.2012
Hermann Kinder ist 1944 in Thorn (heute Polen) geboren und studierte Germanistik, Niederlandistik und Kunstgeschichte in Münster, Amsterdam und Konstanz. Für seine zahlreichen Romane und Erzählungen erhielt er verschiedene Preise und Auszeichnungen. Daneben hat er, der von 1972 bis 2008 als Germanist an der Uni Konstanz tätig war, auch wissenschaftliche Arbeiten publiziert. Kinder lebt in Konstanz und bei seiner Frau in Köln.
Nur was seine Wohnung definitiv sprengt, wirft Hermann Kinder schweren Herzens weg. So hat sich in seinem Selbstarchiv über die Jahrzehnte einiges angesammelt. Daraus zeigt die Ausstellung Unbekanntes aus der Schülerzeit; dann die Vorstufen zu Büchern: handschriftliche Manuskripte und andere Materialien. Sie öffnet das abgeschlossene Werk zu seinem Entstehungsprozess. Paradigmatisch werden die Fassungen zu seinem Publikumserfolg "Der Schleiftrog" dokumentiert. Es gibt auch einen Nebenblick auf den Lyriker Hermann Kinder. Es werden die öffentlichen und privaten Porträts kontrastiert: einerseits die Fotos der Profis für Prospekte, Werbung, Presse, andererseits die Einhand-Selbstschnappschüsse. Diese folgen wie die Zeichnungen aus den Tagebüchern einer "Ästhetik des Hässlichen". Die Mischung aus Schrecken, Groteske und Komik ist im Übrigen auch ein Merkmal von Kinders Texten. Die vielen, meist großformatigen Tagebücher wurden bislang noch gar nie aufgeschlagen. Was darin an Kommentaren, Aufzeichnungen zu Erlebnissen und Reflexionen steht, findet der Autor eher privat als druckerheblich. Aber auch hier gilt: Inoffizielles wird aufgeschlagen, das allzu Schonungslose und Intime hingegen nicht.
Für eine Öffnung seines Werks zur Rezeption (Briefe, Rezensionen, Darstellungen) fehlt der Platz. Aber eine Kuriosität aus dem Literaturbetrieb ist dafür zu besichtigen. 1978 hat Hermann Kinder am Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt teilgenommen und, erlöst vom Lese-Wettkampf, auf der Speisekarte des Wirtshauses "Sandwirt" die Lieblingsgerichte etlicher vsammelter Autoren eruiert. So kann man etwa nachlesen, dass Ulrich Plenzdorf Rohschinken mag, Hermann Burger Froschschenkel, Peter Renz Serbenplatte und Marcel Reich-Ranicki Schwarzwälder Kirschtorte.