Die kestnergesellschaft präsentiert in einer umfangreichen Einzelausstellung neue Werke von Kitty Kraus. Aus Alltagsmaterialien wie Glas, Wasser, Spiegeln, Glühlampen und gefundenen Objekten schafft Kraus Arbeiten, die sich auf einem feinen Grad zwischen Fragilität und Aggressivität bewegen.
Die Werke von Kitty Kraus mögen an die Formensprache des Minimalismus erinnern, stehen darüber hinaus aber in Verbindung mit dem Zufälligen und Prozesshaften der Post-Minimal Art. Bezeichnend ist wie Objekte der Künstlerin widersprüchliche Eigenschaften in sich vereinen – bis hin zur Absurdität. Der Verbindung von Wasser und Elektrizität in ihren Eisblockarbeiten haftet etwas Gefährliches, sogar Lebensbedrohliches an. Ihre frei stehenden oder an Wände gelehnten Konstruktionen aus Fensterglas sind durch die Zerbrechlichkeit des Materials geprägt, sowie durch das Herausfordern von dessen Bruchgrenzen und der Schwerkraft. Darüber hinaus wirken sie wie kuriose Platzhalter im Raum, in denen sich der Betrachter sowohl selbst begegenet als auch auf die Details seiner Umgebung aufmerksam gemacht wird. Auch die rotierenden Einkaufswagengriffe, die dem Betrachter den Weg versperren oder in seinen Bewegungsradius eingreifen sind komisch und bedrohlich zugleich. So erzeugen die Arbeiten eine Atmosphäre aus Anziehung und Abstoßung, Faszination und Unbehagen, Bedrohung und Eroberung.
Mit ihren Spiegellampen – kleine mit Glühbirnen bestückte Kuben aus nach Innen gerichteten, nur lose miteinander verbundenen Spiegelstücken – war Kitty Kraus bei »Made in Germany Zwei« (2012) in der kestnergesellschaft vertreten. Für ihre Einzelausstellung im Erdgeschoss des ehemaligen Goseriedebades hat Kraus neue Werke entwickelt, die zusammen mit einer ihrer raumgreifenden Lichtarbeiten präsentiert werden. Das wie eine viereckige Säule anmutende Objekt besteht tatsächlich aus einem Holzkasten, der mit einer getönten Glasplatte abgedeckt ist. Ein Spalt zwischen Kasten und Platte lässt erkennen, dass sich im Innern der Holzsäule eine Lichtquelle verbirgt. Auch wenn diese Licht verströmt, bleibt der Raum überwiegend dunkel. Markant wird hingegen eine horizontal verlaufende Schattenlinie auf den Wänden sichtbar, die die Ausstellungshalle in zwei Hälften teilt. Ähnlich wie mit ihren Spiegel- und Eisblocklampen macht die Künstlerin damit den begehbaren Raum zu einem Bestandteil ihrer Arbeit, wie auch der Betrachter gleichermaßen als Teil wie als Störfaktor wirkt. Zentral bleibt die Suche nach dem Flüchtigen und Immateriellen, das Kraus diesmal in einer erhöht selbst verneinenden Form gelungen ist.
Kitty Kraus (*1976 in Heidelberg, lebt in Berlin) studierte freie Kunst an der Universität der Künste, Berlin. Ihr Werk wurde in Einzelausstellungen in der Kunsthalle Zürich (2008), im Guggenheim Museum, New York (2009) und im Theseustempel, Wien (2011) gezeigt. Im Jahr 2008 erhielt sie den Kunstpreis blauorange und war 2011 für den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst nominiert.