Der Hamburger Künstler Rupprecht Matthies gestaltet ein raumfüllendes Wortkunstwerk aus Briefen und Texten von Ernst Ludwig Kirchner. Seine Wortkunst tritt als aus Plexiglas gesägter Schriftzug an der Wand auf oder als freischwebendes Mobile im Raum oder als Stahlskulptur, die sich auf dem Fussboden entfaltet.
Rupprecht Matthies (*1957) hat zunächst Soziologie an der Universität Hamburg und anschliessend Kunst an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg studiert. Er ist Preisträger des sächsischen Kunstpreises für Toleranz und Demokratie. Matthies hat seine künstlerische Laufbahn als Maler begonnen; 1996 entstanden dann die ersten Wortskulpturen und Wortmobiles. Seine Arbeiten sind international gefragt und wurden unter anderem im Denver Art Museum, dem Museum Moderner Kunst Kärnten, Klagenfurt und der Hamburger Kunsthalle ausgestellt.
Rupprecht Matthies ist im hohen Masse an Menschen, an Kommunikation und an sozialer Interaktion interessiert. Der studierte Soziologe sieht sich als künstlerischer Dienstleister, der damit beauftragt wird, sozialen und kommunikativen Prozessen Plastizität und Ausdruck zu verleihen. Rupprecht Matthies‘ Ansatz ist konstruktiv; er will mit seiner künstlerische Tätigkeit positiv und emanzipatorisch wirken, er will verbessern und gestalten.
In Matthies‘ Textbildern finden Sprache und Schriftbild einerseits und Malerei, Zeichnung und Skulptur andererseits zueinander. Die Pointe besteht allerdings darin, dass Matthies die Wortschöpfungen häufig den Anderen überlässt und sich ganz auf die plastische Gestaltung und Choreografie der Worte konzentriert. So verhält es sich auch bei seinem Wortwechsel mit Kirchner, dessen Texte, Briefe und Postkarten die Vorlagen liefern, aus denen Matthies seine Ausstellung entwickelt: Besondere Worte, spezielle Ausdrücke, Widmungen, Bemerkungen über Künstlerkollegen und Gedanken zu seinem Leben werden aus der Korrespondenz von Ernst Ludwig Kirchner herausgefiltert und in Wandarbeiten und Skulpturen übersetzt. Matthies betreibt somit eine Spurensuche in dem Werk, dem Leben und der Seele des historischen Künstlers und spiegelt die Gedanken und Botschaften des Vorgängers in seinem eigenen Werk.
Matthies ist ein Meister partizipatorischer Kunstprojekte: Das klassische Rollenspiel von Werk, Künstler und Betrachter wird in seinen Projekten gründlich durcheinandergebracht, da die künstlerischen Manifestationen immer eine gemeinschaftliche Angelegenheit gegenseitiger Einflussnahme und Kommunikation sind. Matthies ist ein heiterer Aufklärer, der an einem visuellen Universalwörterbuch zu arbeiten scheint und an die heilende Kraft der Worte glaubt. Seine Buchstabentänze setzen Vorstellungen und Sehnsüchte frei und spiegeln kurze Momente des Lebensgefühls und des Zeitgeistes. Kunst und Leben sind bei ihm untrennbar miteinander verwoben und darin besteht nicht zuletzt auch die Gemeinsamkeit mit Ernst Ludwig Kirchner.