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Kulturgeschichtliches Museum Osnabrück


Lotter Str. 2
49074 Osnabrück
Tel.: 0541 323 2207
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Öffnungszeiten:

Di-Fr 11.00-18.00 Uhr
Do: 11.00-20.00 Uhr
Sa, So: 10.00-18.00 Uhr

What we see - Bilder, Stimmen, Repräsentation

04.12.2011 - 12.02.2012
Eine Frau beschwert sich, sie habe ihr Kopftuch absetzen müssen. Es sei auch nicht in Ordnung, wenn ein Gesicht von dem Ort entfernt würde, wo es doch hingehöre. Die Beschwerden der Afrikanerin blieben fast 80 Jahre lang ungehört. Sie wurden 1931 zwar dokumentiert, aber nicht verstanden, denn: sie interessierten überhaupt nicht. 1931 saß die Frau mit dem deutschen Künstler und Abenteurer Hans Lichtenecker einem selbsternannten Anthropologen gegenüber, der für sein "Archiv aussterbender Rassen" in Namibia, dem ehemaligen (Deutsch-)Südwestafrika, Afrikanerinnen und Afrikanern fotografierte, Gipsabgüsse von ihren Köpfen und Gesichtern machte und ihre Stimmen auf Wachswalzen aufzeichnete. Erst kürzlich wurden die Aufnahmen wiederentdeckt und übersetzt. Was die derart Untersuchten 1931 über das beklemmende Anthropometrie-Projekt und über ihr Leben in der südafrikanischen Kolonie mitteilten, erfahren wir erst heute. Die Berliner Kulturwissenschaftlerin und Afrikanistin Anette Hoffmann ist derzeit im Rahmen des SARChI Social Change Program an der University of Fort Hare in Südafrika tätig. Sie hat Lichteneckers verstörende Hinterlassenschaft, die den europäischen Rassismus und Kolonialismus des frühen 20. Jahrhunderts dokumentiert, nun in einer Ausstellung für die Gegenwart verstehbar zusammengeführt. Die kritische Aufarbeitung von Lichteneckers Projekt dekonstruiert auf eindrückliche Weise die erniedrigende Praxis der Vermessung des Menschen im ehemaligen (Deutsch-)Südwestafrika seit dem späten 19. Jahrhundert. Nach Stationen in Kapstadt/Südafrika, Basel und Wien ist die Präsentation nun erstmals auch in Deutschland zu sehen. What We See rückt das Sprechen der Menschen in den Mittelpunkt, die Lichteneckers pseudowissenschaftliche Arbeit am eigenen Leib erfahren und erdulden mussten. Die Ausstellung konstruiert einen fragilen Raum von Bildern und Stimmen, Geschichten und Porträts, historischen Dokumenten und aktuellen Kunstwerken. Das koloniale Körperarchiv von Hans Lichtenecker wird dabei bewusst nicht nachgebildet. Auch seine Gipsabgüsse sind nicht zu sehen. Vielmehr werden Lichteneckers audiovisuelle Repräsentationspraktiken kritisch und mittels unterschiedlicher Ton- und Bildmedien beleuchtet.

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