Die Kunst des virtuosen Stechers Hendrick Goltzius bewegt sich zwischen den Polen der imitatio und der aemulatio, zwischen Nachahmen und Übertreffen. Goltzius war in der Lage, die künstlerischen Verfahrensweisen berühmter Vorgänger, etwa Albrecht Dürer, Lucas van Leyden und Cornelis Cort, nachzuahmen – und sogar Stiche in deren Manier neu zu erfinden und die Kennerschaft des Publikums damit auf die Probe zu stellen.
Ausgangspunkt der Präsentation sind die sogenannten sechs Meisterstiche aus den 1590er-Jahren, die nach der Italienreise Goltzius' entstanden. Wie Karel van Mander berichtet, schwärzte Goltzius das Papier der Drucke mit Rauch, um sie für horrende Preise als "Altmeisterstiche" an Sammler und Kenner zu verkaufen. Zudem thematisierte Goltzius in einer Epoche, in der sich die Kunst vom Handwerk emanzipierte, die künstlerische Imaginationskraft als solche, indem er beispielsweise die Anbetung der Hirten bewusst unvollendet im Stadium der Vorzeichnung beließ, sowie überaus spannende kunsttheoretische Ansätze, etwa den Erkenntniswert des Sehens.