Als ich das erste Mal Arbeiten von Tatjana Orlob sah, war ich gefangen von der Materialität ihrer Malerei, die unprätentiös ist und gleichwohl, vielleicht gerade deswegen: geheimnisvoll. Hier ist nichts Postulat, alles Durchdringung. Dass sich die Mischtechnik mit Acryl und Pastell auf Leinwand oder Holz für ihr bildnerisches Verfahren anbietet, wird beim zweiten Blick offensichtlich. Die Darstellung und ihre Technik fallen in eins. Jedes dieser Bilder strahlt eine Wärme aus, die in der gegenwärtigen Malerei nicht häufig anzufinden ist. Hervorgerufen wird diese Grundwärme durch die immer dezente, niemals schrille, adäquate Farbgebung und die nicht unwichtige Wahl des Formats. Dieses Format ist menschlich und einladend.
Jede Form von Repräsentationsmalerei ist dieser Künstlerin schlicht fremd. Jede ästhetische Angeberei läuft hier leer. Gleichweit entfernt von Kitsch und Kunsthandwerk überzeugt Tatjana Orlobs Malerei durch die Genauigkeit des Blicks. Etwas Schönes ,,schön” darzustellen ist eher verpönt und gilt als nicht chic. Diese Malerin stört das überhaupt nicht. Ihre bevorzugten Motive (Blumen, Monde, Steine) sind in ihren Bildern nicht tote Materie – die Malerei bringt sie zum Leben, zum Leuchten. Durchaus in der Tradition eines Paul Klee stehend, schafft – sowohl Format wie Bildaufbau betreffend – sie es, komplexe Farbstrukturen entstehen zu lassen, die die Bilder immer wieder anders erlebbar werden lassen.
Diese Malerei wächst mit der Umgebung und an der Umgebung. ,,Auf dem langen Wege, aus dem Auge durch den Arm in den Pinsel, wie viel geht da verloren”, sagt der Maler Conti in Lessings ,,Emilia Galotti”; und ein großer Teil der modernen Kunst widmete sich dem Versuch, diesen Weg zu verkürzen und das Erlebte unmittelbar auf die Leinwand zu bringen, zur Not mit bloßen Fingern. Tatjana Orlobs Vorgehensweise weist den umgekehrten Weg: klare Konturen, Unterscheidbarkeiten und feine Kontraste auf limitiertem Raum. Und es gibt noch etwas, was mich für diese Bilder gewonnen hat: ihre profunde Musikalität. Es sind kammermusikalische Etüden, leise, zärtlich, berührend, Divertissements. Etüden von Chopin und Debussy, die Gymnopédie von Sotle entsprechen dem Gestus dieser Bilder. Er ist der Biografie und Lebenswelt der Malerin eingeschrieben: das helle Licht des Südens beleuchtet ihre Gegenstände. Das Leichte, das so schwer herzustellen ist, hier gelingt es. Alles Schwere, vermeintlich Tiefe, ,,Deutsche” hat keinen Ort. Elegisch und in sich gekehrt bewahren die Bilder ihren Stimmungsgehalt. (Klaus Reimus aus „Die Poesie der Dinge“)