20.08.2010 - 31.10.2010
Das Werk des in Frankfurt am Main lebenden Künstlers Johannes Spehr (*1965) umfasst farbige Aquarellzeichnungen und seit geraumer Zeit monochrom gehaltene, vor allem mit schwarzer Tusche gemalte Pinselzeichnungen. Sie folgen fast ausnahmslos einem wiederkehrenden formalen Aufbau und sind von demselben Umgang mit Farbe und Pinsel gekennzeichnet. Die stets von Figuren bevölkerten Bilder gleichen Szenarien, die an ein ebenso absurdes wie undurchschaubares Gesellschaftstheater denken lassen. Jedes einzelne Detail ist hierbei aufs Sorgfältigste gezeichnet und arrangiert. Man blickt auf die Zeichnungen wie auf eine Bühne, wo alles nach einer festgelegten Choreografie abläuft und nichts dem Zufall überlassen ist. Die faszinierend-akkurate Ausarbeitung steht in einem seltsamen Kontrast zum Geschehen im Bild, in dem die Figuren jenseits jeglichen Lösungsvermögens in merkwürdig prekären Situationen wie ferngesteuert agieren. Es scheint, als ordne der Künstler die Unordnung einer kollektiven Desorientierung und einer aus den Fugen geratenen Normalität. Meist tauchen zwei gegeneinander agierende Gruppen auf, die sich durch Kleidung, Alter oder auch Herkunft deutlich voneinander unterscheiden. Sie werden zu Stellvertretern eines modernen, aber anscheinend mit den Folgen der Globalisierung völlig überforderten Gesellschaftskörpers. Die handelnden Figuren sind zugleich die Opfer des Wurms, der im System steckt.
Johannes Spehrs Ausstellungspräsentationen folgen selten dem Prinzip der klassischen Bilderhängung. Vielmehr arbeitet der Künstler mit selbst gebauten Installationen oder architektonischen Konstruktionen, die er auf die jeweilige AusstellungsÂsituation abstimmt und in die er die Zeichnungen integriert. Für die Kunsthalle Mainz entstehen zum Teil raumgreifende InstalÂlationsteile aus eigenständigen Objekten mit skulpturalem Charakter. Darüber hinaus ergänzt Johannes Spehr die Ausstellung mit einer Serie von gezeichneten Bildergeschichten. Er knüpft hierbei formal an die traditionelle Machart des Comicstrips an. Gegenüber seinen Zeichnungen wird das erzählerische Moment unterstrichen, auch wenn der Künstler bei den BilderÂfolgen bewusst auf einen strikten chronologischen Narrationsstrang oder eine in sich abgeschlossene Dramaturgie verzichtet. Die Zuordnungen bleiben offen und spiegeln vielmehr eine offensichtlich zur Gewohnheit gewordene Indifferenz heutigen Lebens und Zusammenlebens wider.