Einfachheit ist ein Zustand, der sich dadurch auszeichnet, dass nur wenige Faktoren zu seinem Entstehen oder Bestehen beitragen. Das Zusammenspiel dieser Faktoren kann häufig durch nur wenige Regeln beschrieben und visualisiert werden. Dann wird "Einfachheit" zum Synonym für Minimalismus, Klarheit oder Simplizität ("Weniger ist mehr").
Einfachheit gilt als erstrebenswert, wenn mit wenigen Mitteln möglichst viel erreicht werden kann und taugt mittlerweile als trendiger Slogan ("simplify your life") für selbst ernannte Selbstmanagement-Gurus, die die vom Alltag überforderte Wohlstandsgesellschaft zur Ent-rümpelung, Ent-schleuni-gung und Ent-spannung aufrufen, um damit den Weg vom Äußerlichen zum Inneren, dem wahren und guten Selbst zu finden. "Echte Einfachheit" meinte für Steve Jobs, den Apple-Mastermind, eine effiziente und produktgerechte Gestaltung des gesamten Firmenimperiums, vom Managementstil über das Design bis hin zur Werbung. Alles sollte auf echte Einfachheit hin zugeschnitten sein, ohne Schnörkel und Täuschungsmanöver, um ein bestimmtes Image zu kreieren. Das optische Erscheinungsbild eines technischen Produktes, das bereits durch seine Verpackung und äußere Hülle auf seine inneren - technischen - Qualitäten hindeutet. Die Reduktion auf wenige wesentliche Strukturen und Elemente als notwendige Strategie zur Visualisierung innerer Komplexität. Einfachheit, verstanden als übergreifende Gestaltungsregel, erfordert in der Umsetzung ein Höchstmaß an Konzentration und Besinnung auf das Wesentliche, auf nur wenige Elemente, die in ihrer Kombination das Bewusstsein fokussieren und Anschauungsmodelle für komplexe Sachverhalte liefern. Der damit verfolgte Minimalismus verinnerlicht schließlich das Streben nach der Essenz der Dinge, nicht nach deren Aussehen.
Die Ausstellung "On a clear Day?" visualisiert minimalistische künstlerische Vorgehensweisen in Bezug auf Konzepte, Materialien und Entscheidungen. Gezeigt werden unterschiedliche skulpturale Zugangsformen unter dem Aspekt der Einfachheit: Einfaches Material, das die Vorstellungskraft entzündet, eine einfache Handlung, eine simple Umsetzung oder ein einfaches Konzept, eine vermeintlich einfache Bedeutung, die sich an bestimmte Materialien, ihre Herkunft, Erscheinung und ihr Zusammenwirken knüpft.
Die Ausstellung verbindet dabei drei künstlerische Postionen, deren Spannweite von klassischem bildhauerischen Zugang und der Benutzung einfacher Materialien über ortsbezogene Interventionen bis hin zu perfomativ-installativen Eingriffen und dem Körper im Raum reicht. Die Ausstellung setzt bewusst Akzente auf formal reduzierte Spielarten der gegenwärtigen Kunst. Sie versucht, die besondere Poesie und Assoziationskraft künstlerischer Ansätze herauszuarbeiten, die sich gegen den Trend des Lauten, der bewussten Übertreibung und Provokation und der gesellschaftskritischen Betroffenheit positionieren. Die ausgestellten Werke lenken die Aufmerksamkeit auf die Präsenz der Materialien im Raum. Zugleich thematisieren sie den künstlerischen Entstehungs- und Gestaltwerdungsprozess, der in allen Phasen sichtbar ist und für den Betrachter stets nachvollziehbar bleibt. Dabei scheint nichts für die Ewigkeit bestimmt. Vielmehr atmen die Arbeiten eine Ästhetik der Auflösung und beinhalten im Kern das Potenzial des Veränderlichen, des Vergehens und sich neu Bildens.
Die Ausstellung sucht die Stille der direkten Konfrontation zwischen Kunstwerk, Raum und Betrachter. Inszeniert wird dabei die Aufrichtigkeit der Materialien und des damit umgesetzten künstlerischen Entwurfs einer Weltanschauung, die sich aufmacht, sich inmitten dynamischer, unkontrollierbarer und gehetzter Alltagswirklichkeiten auf das Wesentliche zu besinnen.