Joan Mirós (1893-1983) künstlerisches Schaffen ist geprägt von einer geradezu wortwörtlichen Direktheit, die auch immer die Materialität seiner Malerei thematisiert. In seinen Selbstzeugnissen erklärte er die Wand an sich zum Ausgangspunkt seiner Malerei. Anfänglich war dies die Mauer des Landgutes in Montroig, die mit ihrer Imperfektion zu Bildern Anlass gab, welche die materielle Schönheit in akribischer Detailversessenheit und gleichzeitig grosser poetischer Übersetzung festhielten. Die Wand oder Mauer war für ihn somit nicht nur Gegenstand der Abbildung, sondern sie gab auch die physisch-haptische Qualität des Malerischen vor. Der Schritt von einer einfachen Abbildung zur Gleichsetzung der Leinwandfläche mit der Wand und die in allen Werkphasen anzutreffende sorgfältige Auswahl und Vorbereitung der Bildgründe ist darauf zurückzuführen. Geschüttete Farbe und bewusst gesetzte Flecken, weissgewaschene Leinwände, auch rohe Jute und ungewöhnliche Materialien wie Pressspanplatten, Schleifpapier oder Teerpappe dienen der künstlerischen Imagination und lassen Mirós Bildwelt entstehen.
Früh interessierte er sich für ein extrem gelängtes, aber überaus schmales Bildformat, das auch in kleiner Abmessung auf die grossen Bildfriese verweist. Anhand von einzelnen raumspezifischen Arbeiten, grossen Triptychen und Wandfriesen wird die Arbeit im grossen Format nachgezeichnet. Der bedeutende Keramikfries «Oiseaux qui s’envolent» von 1971/72 im Kunsthaus erfährt vor diesem historischen Hintergrund eine neue Bewertung.