Der international renommierte Schweizer Künstler Dieter Roth (1930 – 1998) vereint in seinem Schaffen Zeichnung, Malerei, Assemblage, Installation, Druckgrafik, Literatur, Aktion und neue Medien. Kaum bekannt und wissenschaftlich bisher unerforscht sind Roths zahlreiche musikbezogene Projekte und Arbeiten, die in der kommenden Ausstellung Und weg mit den Minuten. Dieter Roth und die Musik im Kunsthaus Zug umfassend vorgestellt und gewürdigt werden.
Die Musik spielte für den Künstler zeit seines Lebens eine grosse Rolle und durchdringt sein Werk in diversen Formen. Musikinstrumente sind als stumme Reliefs neben Kassetten - und anderen Audiogeräten in seine Assemblagen integriert und kommen häufig als Motive in seinen Papierarbeiten und Bildern vor . Dieter Roth trat auch als Musiker auf die Bühne, spielte alleine oder als Teil des Künstlerkollektivs Selten gehörte Musik an öffent lichen Konzerten. Er nahm Langzeit - Tonarbeiten auf und edierte viele Schallplatten u.a. von Hermann Nitsch und André Thomkins. Roth war ein Vielhörer aller Musikrichtungen, hatte eine riesige Schallplattensammlung und ein eigenes Tonstudio. Seine Musik-Liebe galt vor allem der klassischen Musik, Schubert, Brahms und Schönberg ganz besonders. Mit seinen Wiener Künstlerfreunden und mit seinen Kindern praktizierte er eine Art „dilettantischer Hausmusik“. Das damit etablierte Scheitern führte zu verblüffenden m usikalischen Ergebnissen.
Darüber hinaus kann die musikalische Perspektive einen neuen Zugang zum Gesamtwerk von Dieter Roth eröffnen, das von der Musik geprägt wurde. Die Musik erweist sich als wichtiger Bestandteil seines Multiversums.
Über 150 Leihgaben von rund dreissig öffentlichen und privaten Leihgebern aus der Schweiz, aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Island, Österreich und Spanien sowie eine Fülle von Dokumenten (Briefe, Tagebücher, Fotos) verwandeln die Ausstellungsräume in eine klingend-verstummte Gesamtschau von Roths musikalisch-künstlerischem Schaffen.
Während der mehrjährigen Forschungsarbeit von Kunsthaus Zug, Hochschule für Musik / Musik-Akademie Basel und Edizioni Periferia kam in den Archiven des Künstlers in Island, Hamburg und Basel viel unveröffentlichtes Material zum Vorschein, das erstmals präsentiert wird. Darunter zahlreiche Ton - und Bilddokumente, so das Quadrupelkonzert (Musik-Akademie Basel) und die Videoaufzeichnung des Konzerts Selten gehörte Musik Abschöpfsymphon ie (Lenbachhaus München), der einzigen filmischen Konzertaufzeichnung mit Dieter Roth.
In den Edizioni Periferia, Luzern erscheint eine siebenteilige Publikationsbox Dieter Roth und die Musik, die gemeinsam mit dem Kunsthaus Zug und der Hochschule für Musik / Musik-Akademie Basel herausgegeben wird. Darunter eine kommentierte Diskografie und ein umfangreiches Buch mit dem interdisziplinären Email-Gespräch von Matthias Haldemann, Michel Roth u.a. sowie zahlreichen Abbildungen und einer Chronologie.
Zusätzlich wird die Homepage www.dieterrothmusic.ch aufgeschaltet. Sie umfasst neu veröffentlichte Musikarbeiten (Harmonica Curse, Quadrupelkonzert), ferner Selten gehörte Gespräche mit den musizierenden Künstler - Freunden (Christian Ludwig Atterssee, Günter Brus, Hansjörg Mayer, Arnulf Rainer, Björn Roth, Hermann Nitsch, Gerhard Rühm, Dominik Steiger, Oswald Wiener) sowie das vorläufige Werkverzeichnis von Roths musikbezogenen Arbeiten mit über 200 Nummern.
Die Ausstellung wird durch eine Veranstaltungsreihe in Zug und Basel ergänzt. So treten die Wiener Freunde Christian Ludwig Attersee, Hermann Nitsch, Gerhard Rühm und Oswald Wiener zusammen mit dem Schweizer Musiker Walter Fähndrich am 5. November im Theater Casino Zug und am 6. November in der Musik Akademie Basel noch einmal zu Konzerten Selten gehörte Musik auf. Die Zuger Ausstellung wird anschliessend modifiziert im Hamburger Bahnhof, Museum der Gegenwartskunst, Berlin gezeigt werden (14. März bis 16. August 2015).
Eine eigene Präsentation im Kunsthaus Zu g mobil (beim Kunsthaus) behandelt das Thema Dieter Roth und Zug. Von 1973 bis 1978 hatte er seinen offiziellen Schweizer Wohnsitz in Zug, wo damals auch die Firmen Dieter Roth Pictures und Dieter Roth Familienverlag ihren Sitz hatten. In unmittelbarer Näh e des heutigen Kunsthauses mietete er an der Dorfstrasse eine kleine Wohnung. Bis zuletzt pflegte Roth Kontakte mit Zuger Freunden, vertrieb von Zug aus Graphik, Bücher und Schallplatten, entwickelte mit Hermann Wankmiller Schmuckobjekte und stellte 1997 i n der Z-Galerie aus. Eine für 1991 geplante Ausstellung im Kunsthaus Zug blieb aus gesundheitlichen Gründen des Künstlers unrealisiert. Gezeigt werden zahlreiche Papierarbeiten, Schmuckobjekte, Plakate , Bilder, Bücher und Dokumente, kuratiert von Isabelle Zürcher, wissenschaftliche Volontärin .