Lothar Fischer (1933–2004) zählt zu den wichtigsten deutschen Bildhauern der Nachkriegszeit. Zusammen mit seinen Weggefährten Heimrad Prem, Helmut Sturm und HP Zimmer gründete er 1957 die Künstlergruppe SPUR, deren fantasievolle abstrakt-figurative Werke Peter Selinka sammelte. Als einziger Bildhauer nimmt Lothar Fischer innerhalb der Gruppe SPUR eine Sonderstellung ein. Geprägt vom Kontext der unmittelbaren Nachkriegszeit, in der vor allem in Deutschland das Menschenbild durch den Nationalsozialismus entwertet war, machte sich Fischer auf die Suche nach einer neuen Figuration. Wie andere Künstler seiner Generation knüpfte er an eine archaische Formensprachen an, um sein künstlerisches Universum zu erschaffen.
Der Ausstellungsparcours gleicht einer Zeitreise, die von der Nachkriegszeit bis in die 1990er Jahre führt. Von den frühen Arbeiten der 1950er Jahre, findet Lothar Fischer im Kreis der SPUR-Kollegen zu sich selbst. "Ich wäre kein freischaffender Künstler geworden, wenn es die Gruppensituation nicht gegeben hätte", hat Fischer einmal die Bedeutung der Gruppe SPUR auf den Punkt gebracht. Der explosive Charakter seiner Zeichnung und Skulpturen der SPUR-Zeit spiegelten nicht zuletzt die subversiv-anarchische Energie der Gruppe. Das spannungsgeladene Lebensgefühl der 60er Jahre der ungerichtete Freiheitsdrang im Nachkriegsdeutschland hat sich in den Kunstwerken dieser Zeit verdichtet.
Die Pop-Art amerikanischer und britischer Provenienz inspirierte auch Lothar Fischer. Ab 1966 stand sein Schaffen für zwei Jahre unter dem Einfluss dieser Stil-Richtung. Ergebnis der Pop-Art-Phase waren polierte und lackierte überdimensionierte Tuben-Arbeiten und in Ton gefertigte Alltagsszenen.
Wie existentiell das Fernsehen und die durch die Medien verbreiteten Bildwelten die Rolle der Kunst in dieser Zeit herausforderte, können wir heute kaum noch nachempfinden. Künstler wie Fischer standen vor der Entscheidung, die Bilder der Medien zu verarbeiten oder aus der eigenen Fantasie neue subjektive Bilder zu kreieren. Die Tatsache, dass Lothar Fischer sich an diesem Scheideweg dafür entschied, der Weiterentwicklung seiner freien schöpferischen Fantasie zu folgen und sich als Künstler treu zu bleiben, ohne sich auf einen Stil festzulegen, macht ihn für uns heute aktueller denn je.
In den 1970er Jahren wendet er sich erneut dem traditionellen Material Ton zu und entwickelte seine charakteristischen „Hüllenplastiken“ – auf die Hülle reduzierte dünnwandigen Kleider, Röcke, Handschuhe oder Möbelstücke.
Im Mittelpunkt der späten Arbeiten von Lothar Fischer stand vor allem die Beschäftigung mit der Figur. Im Dialog mit den Materialien Ton, Eisen und Bronze entwickelte Fischer eine strengere und blockhaftere Figuration von großer körperlicher Präsenz im Raum.
Durch die Ausstellung und damit durch Lothar Fischer hindurchgehen, bedeutet nicht zuletzt geistig und sinnlich zugleich angesprochen sein, alte mythische Figuren wiederzuentdecken und sich die eigene körperliche Existenz im Hier und Jetzt zu vergegenwärtigen.