Otto Mueller (1874–1930) gilt als einer der wichtigsten Künstler des deutschen Expressionismus. Seine Malerei in zurückhaltender Farbigkeit ist zunächst inspiriert von Symbolismus und Jugendstil. Im Austausch mit der Künstlergruppe Brücke findet er dann zum eigenen unverwechselbaren Stil. Sein Ziel ist es, in seiner Kunst eine größtmögliche Einfachheit zu erreichen und seine individuellen Erfahrungen mit Natur und Mensch in allgemeingültige und zeitlose Kompositionen zu überführen. Mit rund sechzig Werken gibt die Schau einen konzentrierten Einblick in das Schaffen Otto Muellers. Sein Werk ist nicht zuletzt auch eine Reaktion auf die Krisen-, Umbruchs- und Verlusterscheinungen zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Bewegt von der Sehnsucht nach Freiheit und Harmonie entwarf der Künstler malerische Gegenräume zur eigenen persönlichen und gesellschaftlichen Wirklichkeit. Es entstanden Landschafts- und Aktdarstellungen, in denen eine neue unmittelbare empathische Körper-Naturwahrnehmung zum Ausdruck kommt.
Die Suche nach der eigenen sozialen Identität führt Mueller in den 1920er Jahren auf den Balkan, wo er das Leben der Roma erforscht. Die Zigeuner-Mappe, die 1927 fertiggestellt wurde, bildet Höhepunkt und Essenz seiner Begegnung und Beschäftigung mit dem am Rande der Gesellschaft lebenden Volk.
Als besondere Note werden den Roma-Darstellungen Otto Muellers historische "Zigeuner"-Fotografien von Ferdinand Schmutzer (1870–1928), Ludwig Angerer und anderen Fotografen aus der österreichischen Nationalbibliothek in Wien gegenübergestellt. Sowohl die malerischen als auch die fotografische "Zigeuner"-Bilder spiegeln nicht zuletzt auch die Haltung und Sehnsüchte der Beobachtenden gegenüber dem Fremden wider.
Hauptleihgeber der Ausstellung ist das Brücke Museum, Berlin. Dieses stellt dem Kunstmuseum Ravensburg ein Konvolut an Werken seines umfangreichen Otto Mueller Bestandes zur Verfügung. Ergänzt werden diese durch Werke der Peter und Gudrun Selinka Sammlung sowie ausgewählte private und öffentliche Leihgaben.