Der 1957 geborene Michael Golz hat im Verlauf der letzten Jahrzehnte eine fiktive Parallelwelt zur realen Wirklichkeit geschaffen. Seine Vision von «Athosland» macht er mit Hilfe einer riesengrossen Landkarte, mit Hunderten von Städte- und Dorfansichten sowie phantasievollen Reiseerzählungen sichtbar. Die Ausstellung «Michael Golz. Reise ins Athosland» im Kunstmuseum Thurgau erlaubt zum ersten Mal überhaupt einen tieferen Einblick in dieses faszinierende Universum zwischen Realität und Phantasie.
Die Phantasiewelt Athosland ist ein Lebenswerk, das längst die Grenzen jeder Überschaubarkeit gesprengt hat. Die Wurzeln dieses phantastischen Unternehmens gründen in den 1960er Jahren, als Michael Golz zusammen mit seinem Bruder Wulf aus einem kindlichen Spiel heraus begann, eine fiktive Welt zu erschaffen. Seither haben die beiden diese imaginäre Welt stetig weiterentwickelt.
Das Kernstück dieser aussergewöhnlichen Phantasterei ist eine ständig wachsende Landkarte, die heute rund 14 x17 Meter misst. Im Kern liegt die Hauptstadt Athos, um sie herum die Städte Honne und Kindermann, eingebettet in die Wachholderwüste oder das Engstlichgebirge. Wie jedes Kartenwerk wird auch die Athoskarte immer wieder aktualisiert. So ersetzte Golz den alten Flughafen von Athos und verschob ihn an einen neuen Standort. Die Altstadt wurde einer «Restaurierung » unterzogen und es wurden neu gebaute Hochhäuser eingefügt. Der Künstler realisiert solche Veränderungen, indem er Teile der Karte mit einer neuen Version überklebt.
Die Karte wird ergänzt durch Hunderte von Zeichnungen, die Ansichten der einzelnen Orte zeigen. Die Farbstiftzeichnungen, teilweise mit Filzstift gehöht, geben eine genaue Vorstellung davon, wie es in Athosland aussieht. Sie sind beschriftet und geographisch eindeutig zugeordnet. Da gibt es zum Beispiel «Bad Martin südlich von Bad Hartwich», eine etwas grössere Stadt mit einem Kurbad, oder das Dorf Lamour mit einem idyllischen Flussbadestrand. Von der Grossstadt mit modernen Hochhäusern, vielen Verkaufsläden und Bars über das bäuerliche Dorf mit Riegelhäusern und familiären Gästehäusern bis zur fast unberührten Landschaft mit sehenswürdigem Schloss finden sich in Athosland alle menschlichen Siedlungsformen. Die Städtenamen sind Phantasieprodukte, in denen Michael Golz seine Beziehungen dokumentiert. So setzt er etwa in «St.André Karraschhausen» seinem Betreuer André Karrasch ein Denkmal.
Wichtiger Bestandteil der imaginären Welt von Michael Golz ist eine Serie von Ordnern, die der Künstler als «Ifichen Mem’s Ferien Mappen» bezeichnet. Darin erzählt er in Bildergeschichten von Ereignissen und Reisen durch Athosland, das bevölkert ist mit fremdartigen Lebewesen. Da tummeln sich neben den Ifichen zum Beispiel Ängstlichenzähne, Brucktiere, Putzviecher, Autobahn-Schlangen oder Ziehdinger, die allerlei nettere oder garstigere Eigenschaften aufweisen. Für diese Erzählungen hat Michael Golz im Verlauf der Jahre eine ganz eigene Sprache, die «Ifichensprache», entwickelt. Diese frei erfundene Lautsprache ahmt Geräusche nach und zeugt von grosser Kreativität aber auch von einer gewissen Sprachlosigkeit.
Kern der Ausstellung im Kunstmuseum Thurgau ist eine raumfüllende Inszenierung der monumentalen Karte von Michael Golz. In weiteren Räumen geben eine Auswahl von Stadt- und Dorfansichten einen vertieften Einblick in das Leben in Athosland. Ebenso werden die Mappen von Micheal Golz zu sehen sein. Eine Publikation erschliesst dieses monumentale Gesamtkunstwerk und gibt vertieften Einblick in die einzigartige Phantasiewelt von Michael Golz.