Aber das Malen ist wunderschön,
es macht einen froher und duldsamer.
Man hat nachher nicht wie beim Schreiben
schwarze Finger, sondern rote und blaue.
Hermann Hesse
Hermann Hesse (1877-1962) war zu Beginn seiner bildnerischen Tätigkeit 39 Jahre alt und bereits ein erfolgreicher Autor. 1946 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Er gilt heute als meistgelesener deutschsprachiger Schriftsteller des 20. Jahrhunderts und seine Werke sind in 60 Sprachen übersetzt.
In vielen seiner Schriften ist die Sehnsucht nach Einklang mit der Natur und nach Erfüllung durch Musik und Kunst zu spüren. Und auch in seinen Zeichnungen und Aquarellen offenbart sich eine sensible Wahrnehmung der Natur und die sinnliche Freude am kreativen Schaffen. Hesses Bildwelt schlägt einen Bogen zu seinen Texten und vervollständigt sein Werk.
In den meist farbenfrohen Bildern gibt Hermann Hesse zunächst Eindrücke aus seinem Wohnort Bern wieder, aber auch Impressionen von seinen Aufenthalten im Tessin. Ab 1919 ist es vor allem diese südliche Landschaft, die er mit feinem Strich und zarter Farbe darstellt. Wie sanfte Seelenlandschaften erscheinen die berührenden Bilder von Tälern, Bergen und Ortschaften seiner Schweizer Wahlheimat.
Das Kunstschaffen ist für ihn von existenzieller Bedeutung. Durch das Malen gelingt es Hermann Hesse, Schreibkrisen und Selbstzweifel zu überwinden und Freude am Leben zu gewinnen. In seinen Bildern lässt sich eine tiefe Sehnsucht nach Harmonie und Glück erkennen.
Hermann Hesse bevorzugt die Aquarelltechnik und probiert im Laufe der Jahre unterschiedliche Malstile aus: Darstellungen kindlich-naiv anmutender Landschaften in kräftigen Farben, Auflösung der Bildmotive in geometrische Formen, starke Konturierung der Bildelemente sowie detailreiche, kolorierte Federzeichnungen. Letztere entstehen in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren. Später widmet sich Hesse vermehrt einer Tätigkeit, die er von Anbeginn ausübte: Er illustriert Briefe und Gedichthandschriften.
Die Ausstellung „Mit Feder und Farbe“ zeigt Hermann Hesses künstlerisches Schaffen von den frühesten Arbeiten bis hin zu Bildern der letzten Lebensphase, die mit ausgewählten Zitaten aus seinen Schriften und Briefen zur Malerei ergänzt und in den biografischen Zusammenhang gestellt werden. Sie umfasst rund 130 Aquarelle, Gouachen, Farbstift-, Bleistift und Federzeichnungen, Ölgemälde, Skizzenbücher sowie illustrierte Bücher und Gedichte.
Die zu großen Teilen erstmals öffentlich präsentierten Werke stammen überwiegend aus dem Nachlass von Heiner Hesse (1909-2003), dem mittleren der drei Hesse-Söhne, der eine intensive, aber auch konfliktreiche Beziehung zu seinem Vater hatte. Nach dem Tod Hermann Hesses erschloss er dessen umfangreichen Nachlass und arbeitete an der Veröffentlichung seiner Korrespondenz mit. Vor allem jedoch setzte sich Heiner Hesse das Ziel, seinen Vater als Maler bekannt zu machen.