10.03.2012 - 20.05.2012
Carlos Garaicoa (geb. 1967 in Havanna, lebt in Madrid) beschäftigt sich mit der Geschichte und Gegenwart von Städten und ihrer Architektur. Dabei macht er Vergangenes wieder sichtbar oder stülpt dem Vorhandenen seine eigene räumliche Utopie über. Für Garaicoa ist die Stadt ein faszinierender Ort, der von den Wünschen und Ängsten der Menschen, Liebe und Hass, Tragödien und Schönheit erzählen kann. Ihn interessiert dabei vor allem die Architektur, die wie ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen fungiert und das Scheitern politischer Ideale offenbart. Auf vielfältige Weise macht Garaicoa auf die Krise und Geschichte des städtischen Raums aufmerksam - sei es durch Performance, Fotografie, Zeichnung, Skulptur, Installation oder Film.
Seine Heimatstadt nimmt er bereits seit den 1990er Jahren immer wieder zum Ausgangspunkt seiner Arbeit. Die Schwarz-Weiß-Fotografien der Straßen Havannas überzieht Garaicoa beispielsweise mit feinen Linien oder roten Fäden und fügt ihnen auf diese Weise bereits verfallene 1920er Avantgarde-Architektur der russischen Konstruktivisten wieder hinzu. So lässt der Künstler auch die Prunkbauten der spanischen Kolonialzeit aus Ruinen wieder auferstehen oder vollendet in seiner Kunst durch politische Krisen nicht fertiggestellte Bauvorhaben. Dahinter steht eine umfassende Kritik sowohl an Regierung und Institutionen, die den Verfall der Stadt seit der Revolution 1959 nicht verhindern, als auch an den Ideologien des 20. Jahrhunderts im Allgemeinen.
Garaicoas spätere Arbeiten beschäftigen sich nicht nur mit einer künstlerischen Version einer bestimmten Stadt, sondern einer Art globalen Ort, die verschiedene Konzepte und Eigenschaften großer Metropolen der Welt vereint. Seine teils raumgreifenden Stadtmodelle baut Garaicoa aus diversen Materialien wie Holz, Glas, Kerzen oder japanischen Reispapierlampen.
Für seine Ausstellungen Fin de silencio (Ende des Schweigens) im Matadero Madrid, 2010 und Penelope's Labor in der Giorgio Cini Foundation 2011 im Rahmen der Biennale von Venedig, hat Garaicoa seinen Blick auf den Steinboden Havannas gerichtet, auf dem ehrwürdige Unternehmen für sich werben. Die Slogans oder Firmenlogos werden ihrer Bedeutung enthoben und zu Bestandteilen poetischer und kritischer Wortspiele. Große, aufwändig gewebte Teppiche imitieren bis ins Detail das verschmutzte Pflaster der Boulevards mit ihren vom Künstler manipulierten Inschriften.
Carlos Garaicoa hat bereits an zahlreichen internationalen Ausstellungen teilgenommen, so auch an der documenta XI (2002), der Biennale in Venedig (2005/ 2009) oder der Havana Biennale (2009). Seine Arbeiten waren in umfangreichen Einzelausstellungen u.a. im Institute of Contemporary Art (ICA), Philadelphia (2007) oder im Irish Museum of Modern Art, Dublin (2010) zu sehen. Die Ausstellung im Kunstverein Braunschweig wird seine erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland sein und ist eine Eigenproduktion.