01.12.2007 - 03.02.2008
Till Krause (geb. 1965) geht den Dingen auf den Grund. Er ist jemand, der unbeirrt auf der Suche nach dem Kern der Dinge ist. Die Kunst bedeutet für ihn eines der wenigen Felder, die es möglich machen, genau dies zu tun – deren wesentliche Aufgabe es sogar ist, die Dinge genau anzusehen und das, was uns alltäglich und bekannt erscheint, zu hinterfragen und auf die zugrunde liegenden Bedeutungen hin zu untersuchen.
Till Krause ist auch ein Reisender. Jemand, der mit Gewissheit daran glaubt, dass es noch Welten zu entdecken gibt. Dabei kann die Reise in einem tatsächlichen Aufbruch in ferne Länder bestehen. Oder auch einen Zustand beschreiben, in dem der Kopf sich frei macht vom scheinbar Gewussten und die Gedanken offen werden. Die Welt, die es zu entdecken gilt, kann in menschenleeren Gegenden in Afrika liegen. Oder auch vor der Tür seiner Hamburger Wohnung.
In seinen Erkundungen nähert er sich einer vom Menschen geprägten Umgebung – dem urbanen wie dem naturhaften Raum –, indem er in oft scheinbar wissenschaftlich-nüchterner Manier Kartierungen vornimmt, die in unterschiedlicher Form Details und Spuren der Landschaft vermerken: als gezeichnete Karten, als schriftliche Auflistung, Wandgemälde, Buchpublikation, Fotografie, Video oder Kooperation mit befreundeten Künstler/innen. Dabei geht es ihm nicht nur um die (Erscheinungs-)Formen von Landschaft und Raum, sondern vor allem um deren Begrifflichkeiten und Determinierungen, die über ihre Untersuchung selbst Formen und Bilder zu erzeugen in der Lage sind. Krause interessieren die gesellschaftlichen Parameter, die Landschaft und unsere Wahrnehmung von ihr definieren. Seine Kunst bezeichnet er als „Arbeit an solchen Parametern“.
Nach zahlreichen Teilnahmen an internationalen Gruppenausstellungen und Kooperationen ist die Präsentation im Kunstverein Braunschweig Till Krauses erste institutionelle Einzelausstellung. Aus diesem Anlass entwickelt er eigens ein Projekt, das sich mit unbekannten Orten des Landes Niedersachsen beschäftigt und das gesamte Haupthaus füllt. Hierfür hat er zu Fuß und mit dem Zug verschiedene Land- und Ortschaften Niedersachsens durchstreift und die Dinge vermerkt, die ihm bemerkenswert erscheinen. Die Ausstellung legt Krauses Entdeckungen notizenhaft offen, spannt Bögen zwischen verschiedenen Fundstücken und Orten Niedersachsens und deutet einen Gang kreuz und quer durch das Land an. Gleichzeitig integriert Till Krause auch die klassizistische Architektur des Kunstvereins in seine Präsentation, indem dessen Wände neben Fenstern und Spiegeln auch von gemalten Landschaftsausblicken durchbrochen werden. Diese Wandbilder schreiben sich über die gesamten Räume fort und machen das Haus zu einer Art neuen „Landsitz“, zu einem hypothetischen „Herrschafts- oder Regierungssitz“ mit einem Wand- und Raumschmuck, der Wahrnehmungen, Auffassungen und Maxime für mögliche Handlungen und Gestaltungen auf ambivalente und rätselhafte Weise verkörpert.
Till Krauses Vorgehen ist dabei prozesshaft angelegt und schließt ein ständiges Zweifeln, Überprüfen und Verändern ausdrücklich ein. Auch geht es ihm nicht um eine ortsspezifische Auseinandersetzung mit dem Bundesland, in dem der Kunstverein Braunschweig beheimatet ist, sondern vielmehr um ein exemplarisches Herantasten, wie man sich den Dingen, die uns in unserem Umfeld begegnen, annähern könnte.