11.03.2008 - 12.05.2008
Jahre 1995 entdeckte man bei Begehungen für die neue ICE-Trasse nördlich von Schifferstadt im Acker einen Scherbenteppich. Die nachfolgenden Grabungen durch das archäologische Amt Speyer brachten Spektakuläres zutage: den größten Friedhof der Urnenfelderkultur in der Pfalz.
66 Befunde, darunter 47 Gräber, konnten sichergestellt werden. Bestattungssitte, Gefäßformen und Grabbeigaben datieren das Gräberfeld um 1.100 v. Chr. in die späte Bronzezeit.
Die Gefäße befanden sich bei der Bergung in einem sehr mürben Zustand. Deshalb sicherten die Ausgräber die einzelnen Urnenstellen im Erdblock, zusätzlich verstärkt mit Gipsbinden. Die Freilegung der eigentlichen Bestattung erfolgte erst in der Werkstatt.
Jede Urnenstelle ist ein Grab. Bei der in dieser Zeit praktizierten Brandbestattung wurde der Leichnam auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Die verbliebenen Knochen fanden als untere Lage im Urnengefäß Platz, wobei diese Gefäße Durchmesser bis zu 80 cm und Höhen bis zu 90 cm aufweisen können.
Auf dem Leichenbrand erfolgte die Niederlegung der Beigaben: mehrere Keramikgefäße, die wohl Speisen für den Weg ins Jenseits enthielten. In einigen wenigen Fällen fanden sich auch Schmuckbeigaben.
Der Reichtum der Beigaben
Die Bestattungen des Schifferstadter Gräberfeldes zeichnen sich durch eine Vielzahl besonderer Beigaben aus. Der bedeutendste Fund ist die Urne 54. Die Abdeckung der Großurne bestand aus einer Knickwandschale, deren Rand vorher sehr sorgfältig entfernt worden war. In dem Gefäß fanden sich 38 Beigaben, die bis auf eine Schale paarig vorhanden waren.
Zu den schönsten und wertvollsten Stücken zählen eine Bronzenadel, zwei unterschiedlich gestaltete Ringe und ein Bronzenstab mit Spiralkopf. Sein Schaft wie auch die Spirale weisen Punzarbeiten auf. Dieser Stab ist bislang einzigartig in der Pfalz, wobei aus dem süddeutschen Raum fünf derartige Exemplare bekannt sind.
Ebenso selten ist ein Ensemble von 17 bronzenen Spiralröllchen. Die eigentliche Sensation stellen allerdings zehn äußerlich eher unscheinbare Ringperlen aus Glas dar. Sie stammen aus dem persischen Raum und sind auf unbekannten Wegen, wohl durch Tauschhandel, bis in die Pfalz gelangt. Dieser Fund hat das derzeit älteste Glas der Pfalz zutage gefördert!
Vermutlich bildeten Perlen und Spiralröllchen einen zusammengehörenden Brustschmuck. Ob die weiteren Beigaben – eine Knochenperle, eine Cardiummuschel und ein Hornzapfen – auch zu dieser Halskette gehörten, ist nicht eindeutig zu klären.
Auch die Beigaben weiterer Bestattungen weisen in Anzahl und Ausführung eine seltene und hervorragende Qualität auf. Zu den Besonderheiten zählen Miniaturausführungen von Gefäßen, die den Toten mit in die Urne gelegt worden sind.
Direktion Archäologie, Außenstelle Speyer
Seit dem Beginn des Jahres 2007 unter dem Dach der Generaldirektion Kulturelles Erbe verfolgt die Dienststelle der Landesarchäologie in der Pfalz weiterhin die Aufgabe, im Erdreich verborgene Zeugnisse menschlichen Wirkens zu dokumentieren, zu bergen und zu bewahren.
Dabei geht es um Fundstücke und ortsfeste Spuren von der Altsteinzeit bis zum Mittelalter – eine Zeitspanne, die mehr als 600.000 Jahre umfasst. Die Erforschung und die Präsentation der Funde zählen zu den weiteren zentralen Aufgaben der archäologischen Denkmalpflege.
Diese Arbeit wird in der Außenstelle Speyer, wie auch in den Außenstellen Mainz, Koblenz und in Trier, von Wissenschaftlern, Grabungstechnikern, Restauratoren und Grafikern wahrgenommen. Sie liefern damit wichtige Beiträge zur Erforschung der Hinterlassenschaften und Lebensweise unserer Vorfahren. Dies gilt in besonderer Weise für Zeitstände ohne schriftliche Überlieferung und diese Epochen decken mit Abstand die längste Spanne unserer Vergangenheit ab.
Werkstattgrabung
Der zweite Teil der Grabung und die Detailuntersuchungen erfolgten in geschützten Räumen. Auch hier wurde mit Zeichnungen und Fotos jeder Schritt festgehalten, um keine Informationen zu übersehen. Bis alle Scherben geborgen, gereinigt, gefestigt, und passende zu Gefäßen zusammengefügt und ergänzt waren, vergingen rund 24 Monate.
Ort: Landesmuseum Koblenz, Contregarde rechts
Uhrzeit: täglich 9.30 - 17.00 Uhr