“Gescanntwerden”, schreibt der Konzeptkünstler und Theoretiker Harry Walter, “ist etwas ganz anderes als Fotografiertwerden. Das Gefühl, von allen Seiten gleichzeitig erfasst zu werden, führte bei mir jedenfalls zu einer erhöhten Unsicherheit hinsichtlich der repräsentativen Zonen meines Körpers. Zum ersten Mal musste ich mir vorstellen, wie ich wohl von hinten und oben aussehe. Oder gar zwischen dem Schritt. Obwohl angekleidet, fühlte ich mich dann aber für 10 intensive Sekunden, während die Laserkameras an mir herunterfuhren, zutiefst gestreichelt. Wenn es so etwas wie eine Aura gibt, dachte ich mir, dann müsste sie durch dieses Gerät und kein anderes nachweisbar sein.”
Die 1957 in Bensberg geborene Künstlerin Karin Sander arbeitet sowohl mit einem 3D-Bodyscanner als auch mit 3D-Druckern bereits seit 1996, ihr Fokus liegt, so unscheinbar wie individuell, auf der Wiedergabe von Personen, den Museumsbesucher/innen. Im LehmbruckMuseum und der K20 Kunstsammlung in Düsseldorf hat sie die Besucher/innen mittels eines 3D-Bodyscanners vermessen und dann Schicht für Schicht als originalgetreue Miniaturfiguren wieder ausgedruckt. In welcher Haltung, mit welcher Gestik, das konnte jeder Besucher selbst entscheiden in dem Bewusstsein, in diesem Moment vom Betrachter zum Kunstwerk zu werden, vom Subjekt zum Objekt. Nun stellt das LehmbruckMuseum die so entstandenen Replikate zum ersten Mal gemeinsam aus: 981 Personen und drei Hunde.
Derart museal präsentiert werden die Miniatur-Menschen von Karin Sander zu verwirrenden Objekten: Auf der einen Seite sind es detailgetreue Abbilder von Persönlichkeiten, Unikate. Auf der anderen Seite aber werden sie durch die massenhafte Präsentation zu seriellen Produkten. Eine faszinierende Miniaturlandschaft des Kunstbetriebs.