30.01.2010 - 18.04.2010
Das weit verzweigte Werk von Martin Walde berührt viele Disziplinen – von Zeichnungen, Videos, Skulpturen bis hin zu Installationen. Einem größeren Publikum spätestens seit seiner Teilnahme an der documenta X (1997) bekannt, richtet der österreichische Künstler im Marta Herford nun seine bisher größte deutsche Einzelausstellung aus. Martin Walde ist ein Finder und Erfinder von Formen. Mit einem geradezu alchemistischen Interesse an naturwissenschaftlichen Zusammenhängen gewinnt er alltäglichen Materialien eine neue Faszinationskraft ab. Das Museum wird zur Werkstatt oder zum Zukunftslabor, in dem die verschiedenen Stoffe spielerisch von den Besuchern erprobt werden können.
Dabei legt Walde den Ausgang der Interaktion oftmals bewusst nicht fest und thematisiert damit auch seine eigene Rolle als Künstler: „Mich interessiert die Möglichkeit, etwas evolutionär offenzulassen (Â…) eine Sache wieder anders zu begreifen und anzuschauen. Insofern verstehe ich mich eigentlich zunehmend als Teilnehmer, nicht als jemand, der etwas kontrollierend auf die Bühne bringt“ (Martin Walde). Indem die Ausstellung neue Erfahrungsfelder und Reflexionsräume eröffnet, stellt sie das herkömmliche Verhältnis zwischen Betrachter und Werk in Frage. Sie lädt dazu ein, entgegen aller musealen Gewohnheiten, die Werke zu berühren, zu verformen, in Unordnung oder Ordnung zu bringen. Zugleich wird der Besucher dazu angehalten, seine Eigenverantwortlichkeit zu hinterfragen und im Umgang mit dem Kunstwerk feinsinnig auszuloten. Die raumgreifenden Installationen beziehen den Betrachter aber auch akustisch stark ein: Mit gurgelnden, zischenden und wabernden Geräuschen nehmen Videos filmisch das vorweg, was andernorts direkt erlebbar ist.
Neben den zentralen erfahrungsbezogenen Arbeiten überraschen Werke an abseits liegenden Orten im Museum. Sie spielen mit dem Unerwarteten und dem Unkalkulierbaren, aber auch mit dem Unbeachteten oder für unwichtig Erklärten. Zugleich entwickeln seine Zeichnungen und Animationen einen erzählerischen Zugang zum gesellschaftlichen Alltag, indem sie bewegende Momente zwischen Banalität und Wahnsinn, Beiläufigkeit und Sensation, Ritual und Unachtsamkeit einfangen.
Ein zweisprachiger Katalog (Deutsch / Englisch) erscheint im Hatje Cantz Verlag in Kooperation mit dem ZKM, Karlsruhe und der Neuen Galerie Graz.