Die Ausstellung Private Exposure (Private Enthüllung) reflektiert das Gebäude des me Collectors Room und reagiert auf dessen offene und verglaste Raumarchitektur, die den Besuchern eine Vielzahl von Sichtlinien bietet. Die Werke stellen sowohl Verbindungen zwischen den beiden Etagen des Gebäudes als auch zwischen Ausstellungsraum und Straße her. Dadurch sollen die Handlungen des Sehens und des Gesehenwerdens in den Fokus gerückt werden. Die für gewöhnlich private Begegnung des Betrachters mit einem Kunstwerk wird hier dem Blick der außenstehenden Öf fentlichkeit ausgesetzt. Die gezeigten Arbeiten, die sich unterschiedlicher Medien und Genres bedienen, sollen die Macht des Blickes evozieren und durch ihre greifbare Präsenz beim Betrachter ein Bewusstsein dafür schaffen, dass er körperlich anwesend ist und Raum einnimmt.
Zu den Kunstwerken, die eine Auseinandersetzung mit dem Begriff Präsenz an sich darstellen, gehört der hyperrealistische Akt „Sitting Woman“ von John De Andrea, der still aus dem Fenster blickt und dabei sowohl eine Verbindung zur Galerie als auch zur Straße aufbaut. Die Doppelprojektion „Sustaining the Crisis“ von Sam Taylor-Johnson stellt durch die Gegenüberstellung zweier Filme die Position des Betrachters infrage. Eine der Arbeiten, die sich damit befasst, wie ein Blick oft mehr kommuniziert als Worte, ist Philip-Lorca diCorcias „W, September 2000, #6“. Umgekehrt wird in Arbeiten, in denen die Wechselseitigkeit des Blickes gebrochen wird – dazu gehören unter anderem Charles Frégers Kostümfotografien aus der Serie „Wilder Mann“ – die Unsicherheit und Unkontrollierbarkeit der versteckten Beobachtung thematisiert. Diese Unsicherheit wirdmit dem abstrahierten Körper in Tony Ourslers Arbeit „Trance“ , in der ein vom Körper abgetrenntes, ausdrucksloses Auge ununterbrochen wie eine Kamera die Galerie überblickt, fortgesetzt.
Nie zuvor standen wir als Gesellschaft stärker unter Beobachtung. Von der Videoüberwachung auf der Straße über Mobiltelefone, die all unsere Bewegungen aufzeichnen, bis zu den Informationen, die wir freiwillig online teilen – wir befinden uns unter ständiger Kontrolle. In einer Kunstausstellung, wo der Fokus auf dem Akt des Sehens liegt, werden alltägliche Beobachtungen noch verstärkt. Private Exposure lädt dazu ein, den Blick über die Grenzen des Ausstellungsraumes hinaus zu richten und will unsere herkömmliche Begegnung mit Kunst herausfordern.
Bereits zum fünften Mal werden junge KuratorInnen im Rahmen einer Kooperation des me Collectors Room Berlin / Stiftung Olbricht mit der London Metropolitan University und der Whitechapel Gallery dazu eingeladen, ihren eigenen Blick auf die Olbricht Collection zu entwickeln und im Rahmen ihres Abschl usses des Masterprogramms „Curating the Contemporary“ eine Ausstellung im me Collectors Room Berlin zu realisieren.