25.04.2008 - 25.06.2008
GO MIO. Der geheime Grund der Weltkultur / eine Installation über das Forschungsinstitut für das Backen kleinerer Brötchen.
Seit Beginn ihrer Zusammenarbeit 1983 nutzen Marie-Antoinette Chiarenza und Daniel Hauser, Gründer und Betreiber der Züricher Gruppe RELAX, die Kunst als Mittel, um gesellschaftliche Werte zu hinterfragen und Handlungsräume auszubauen. Das Atelier erscheint ihnen als abwegiger Ort, um Gegenwartskunst zu produzieren. Vielmehr geht es ihnen um ganz eigene Antworten auf die Frage, was Kunst zu leisten vermag, wenn sie ihr gewohntes Betriebsterritorium (das Atelier, die Museen und Galerien) verlässt und zur forschenden Institution wird, wie es der Bildenden Kunst in interdisziplinären Projekten mit Wissenschaftlern, Ökonomen und Kuratoren zugetraut und abverlangt wird. Der öffentliche Raum, die verschiedensten Kontexte des Kulturbetriebes und ebenso kunstfremde Orte beziehen sie in ihre Untersuchungsfelder ein. Dabei riskieren sie nicht selten, mit dem Kunstpublikum auch ihre künstlerische Legitimität zu verlieren.
RELAX war im Rahmen eines dreiteiligen Forschungsvorhabens (Projekt „Borderline“) zu Gast auf dem Gelände des Weltkulturerbes „Zollverein“, das als herausragendes Beispiel dafür gilt, durch die Künste „kreative“ Verwandlungsflächen im Ruhrgebiet zu schaffen. Dort sollen Kunst, Tanz und Design für jene Visionen sorgen, für die vor langer Zeit einmal Architekten, Ingenieure und Wissenschaftler verantwortlich waren. Doch können das die Künste das überhaupt?
Mit der überraschenden Isolation der zahlreichen Kulturanbieter auf dem Zollverein-Gelände konfrontiert, versuchte RELAX die lokale und regionale kulturelle Szene ebenso auf das kulturelle Bauland „Zollverein“ einzuladen wie die lokalen Erben der Industriegeschichte. Darunter gehörten auch die Anwohner und Dienstleistenden, die vor den Toren wohnenden Nachbarn der Zeche, die sich heute als Experimentallabor versteht.
Entstanden ist eine Installation, die die verstreuten und entfernten Verwandten der Zollverein-Familie miteinander zu verbinden, am Ende gar zu verbünden sucht. Freilich geschieht das nicht ganz ohne Hintersinn. Kann Kunst tatsächlich einen gemeinsamen Nenner der disparaten Interessen finden? RELAX wird im Museum Folkwang wie eine Art Beobachtungsstation außerhalb des Zollverein-Areals – ein Modell der künstlerischen Forschungsarbeit, aber auch der Verwertung, Institutionalisierung und Umnutzung künstlerischer Strategien präsentieren. RELAX wird in der Ausstellung selbst ebenso sehr zum Forschungsgegenstand wie der gesellschaftliche Auftrag, den die Künstler so gewissenhaft wie möglich zu erfüllen suchten. GO MIO (in Anspielung auf einen bekannten Reiseführer für Genießer) wird zum Modell künstlerischer Sinn- und Bedeutungsfabrikation. Es stellt damit auch die Rolle in Frage, die Kunst und Kultur gegenwärtig als symbolischen Therapiemitteln zugeschrieben wird.