Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Werk von Adolf Luther (1912-1990), dessen hundertster Geburtstag in das letzte Jahr fiel. Die aktuelle Ausstellung im Mönchehaus Museum steht bewusst in zeitlicher Nachbarschaft zum diesjährigen Kaiserringträger Olafur Eliasson. Denn wie Luther arbeitet auch Eliasson in seinem Werk an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Eines der zentralen Themen im Werk beider Künstler ist die Frage nach der Natur des Lichts.
Die Goslarer Ausstellung zeigt bis auf das malerische Frühwerk Adolf Luthers über 40 Arbeiten aus allen Werkphasen, einschließlich zweier Erlebnisräume: dem „Focussierenden Raum“ von 1968 und dem „Laserraum“ von 1970. Alle Luther-Werke gehören zum Bestand der eigenen Sammlung oder befinden sich als Dauerleihgaben der Stiftung Niedersachen in der Museumssammlung.
Adolf Luther wurde mit seinen Werken zu einem der Pioniere der Lichtkunst im zwanzigsten Jahrhundert. Zur Kunst kam er als Autodidakt. Bevor er sich 1957 entschloss, ausschließlich als Künstler zu leben, arbeitete der studierte und promovierte Jurist als Richter.
Seine künstlerischen Anfänge liegen in der Malerei. Dabei fiel ihm, an einer Blume malend, die Abhängigkeit der Farbe vom Licht auf. In der Folge stellte er die Malerei immer stärker in Frage und versuchte, Licht als autonomes Medium sichtbar zu machen. Da Licht erst in der Berührung mit Materie in Erscheinung tritt, experimentierte Luther zunächst mit unterschiedlichen Materialien, bevor er sich in seinem Hauptwerk auf Glas und Spiegel fokussierte.
Ende der fünfziger Jahre thematisiert er den Lichtanteil am Bild in pastosen Werken, die allein aus schwarzer, mit dem Spachtel aufgetragener Farbmasse entstehen. Sie bilden aufgeworfene, glänzende Reflektionsflächen, auf denen sich das Licht in unterschiedlicher Weise bricht. Danach versucht Luther, in seinen Arbeiten die Materie durch verschiedene Formen der Zerstörung wie Verbrennung und Zerschneidung zu reduzieren, um den Lichtanteil am Bild noch stärker hervortreten zu lassen.
Diese „Entmaterialisierungen“ – so ihr Titel – transformieren zwar die Bilder und Bildträger, machen aber das Licht als Licht nicht wirklich sichtbar. Das erreicht Adolf Luther erst, als er die Idee hat, mit einem Stoff zu arbeiten, der ähnlich immateriell ist wie das Licht: dem Glas. In einer spektakulären Aktion zerschlägt er 1961 hunderte von leeren Glasflachen. An ihren frischen Bruchstellen leuchtet für einen flüchtigen Moment in zauberhafter Weise das Licht auf. In seinen „Lichtschleusen“ installiert er solche Scherben zwischen zwei Glasscheiben.
Der Materialisierung des Lichtes dienen auch die von ihm entwickelten Werke mit Hohlspiegeln -- gleichgültig, ob sie als Objekte für sich stehen oder im Zusammenhang mit Architekturen eingesetzt werden. Wenn sie das Licht in ihren Brennpunkten bündeln, erscheint die Wirklichkeit in unzähligen, sich überlagernden Bildern, je nach Betrachterstandpunkt stark vergrößert oder gar auf den Kopf gestellt.
In der Folge nutzt Luther immer neue Instrumente, um das Licht sichtbar zu machen. Darunter gestaffelte Glasscheiben und Raumblenden, Linsenobjekte und quadratische Prismen. Oder die von ihm so genannten „Optogone“, Brillenglasobjekte, die das Licht zerteilen und zerstrahlen.
Sie alle lassen erkennen, dass Licht seinem Wesen nach fließend und energetisch ist und keine spezifische Gestaltform hat.
In eindringlicher Weise wird das in Luthers fokussierenden Räumen sichtbar, oder wenn er mit Laserstrahlen arbeitet. In dem „Focussierenden Raum“ (1968) werden auf dem Boden liegende Hohlspiegel durch Deckenscheinwerfer angestrahlt. Bläst man Rauch in den Raum, sieht man über ihren Brennpunkten immaterielle Lichtkegel.
Im „Laser-Raum“ (1970) wird ein Laserstrahl auf eine sich langsam drehende, mit einem Flachspiegel verbundene Plexiglasscheibe gerichtet. Während der Laser sich in linienförmige, rubinrote Strahlen auflöst, tritt der abgedunkelte Raum plastisch hervor. Wie immer macht Luthers Installation nicht nur das Licht sichtbar, sondern er ästhetisiert es auch in seiner Kunst.
Dass die Natur des Lichts in der Moderne ein großes künstlerisches Thema ist, machen neben Adolf Luther die Protagonisten der Gruppe ZERO deutlich sowie François Morellet, Christian Megert und andere. Ein Raum in der Goslarer Ausstellung widmet sich den Künstlern, die im Umkreis von Adolf Luther an der ebenso schönen wie ephemeren Materialisierung des Lichts gearbeitet haben. Michael Stoeber