Es gibt kaum einen Stoff, der in der Moderne nicht zum Material der Bildhauerkunst geworden wäre, von Filz und Fett im Werk von Joseph Beuys bis hin zum Wasserdampf im Werk von Robert Morris. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass sich der ausschließlich mit Stahl arbeitende Bildhauer Robert Schad als „den letzten Dinosaurier“ der Szene bezeichnet. Der 1953 im baden-württembergischen Ravensburg geborene Künstler lebt und arbeitet heute im französischen Larians. Er verwendet für seine Skulpturen ausschließlich massiven Vierkantstahl, wie er auch in der Architektur gebraucht wird. Das von ihm in seiner Kunst genutzte Maß von 4,5 x 4,5 Zentimeter Breite ergibt sich aus dem Vermögen seiner Hand, solche Stahlstücke gerade noch zu umfassen. Der normierte Stahl, den er im Unterschied zu anderen Stahlbildhauern wie Richard Serra oder Bernar Venet wählt, schafft seinem Werk sowohl eine wieder erkennbare Signatur wie einen ebenso vertrauten, stets neu zu überwindenden Widerstand.
Dem schweren und starren Material verleiht Robert Schad eine außergewöhnliche Leichtigkeit. Man hat den Eindruck, als zeichne der Künstler mit Stahl im Raum. Seine linearen Werke werden von einer expressiven Gestik und dynamischen Choreografie bestimmt, die den Vierkantstahl im Raum tanzen lassen. Bringt er in seinen abstrakten Skulpturen elementare Gegensätze in eine schwebende und zugleich dramatische Balance, geht es ihm dabei so konkret wie gleichnishaft um die Versöhnung von Widersprüchen. „Meine Arbeit steht im Spannungsfeld zwischen Bewegung und Starre, optischer Leichtigkeit und physischer Schwere, Wachstum und Konstruktion. In der Überbrückung dieser scheinbar unüberwindbaren Gegensätze entstehen in den Raum geschriebene Wesensbilder physischer und psychischer Befindlichkeit, die im Dialog mit Natur- und Architektur Brücken schlagen, trotz stählerner Starre Zeit vermitteln – Zeit, ohne die Bewegung und Veränderung undenkbar ist.“ (Schad, 2008).
Die Darstellung von Zeit im Raum und die Harmonisierung von Gegensätzen im Werk von Robert Schad lassen sich bei seiner Übersichtsausstellung im Goslarer Mönchehaus Museum in vorzüglicher Weise studieren. Bei der Eigenart seiner Skulpturen versteht es sich fast schon von selbst, dass der Künstler nicht nur ein exzellenter Bildhauer, sondern ebenfalls ein eminenter Zeichner ist. Auch das macht die Ausstellung in eindrucksvoller Weise sichtbar. Die Schau ist Teil einer Ausstellungstournee, die sein Werk in drei europäischen Ländern zeigt. Schad, der von 1974-80 an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe studierte, erhielt zahlreiche Stipendien und Preise, darunter 1984 das Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg und 1988 das Stipendium der Cité Internationale des Arts in Paris. Als Zeichner wurde er u. a. 1986 in Spanien mit dem angesehenen Joan Miró Preis geehrt und als Bildhauer 1989/90 in Obidos, Portugal, mit dem renommierten Biennale-Preis für Bildhauerei.
Ausstellung und Katalog entstanden in Zusammenarbeit mit der Stiftung Appenzell, dem Egon Schiele Art Center Ceský Krumlov, dem Kunstverein Reutlingen und der Städtischen Galerie Offenburg. Unterstützt wurde das Projekt von der artmark Galerie (Wien), der Galerie Klaus Gerrit Friese (Stuttgart), der Galerie Georg Nothelfer (Berlin) und der Galerie Ralph Seippel (Köln).