Die Trägerin des Goslarer Kaiserringes im Jahre 2011 heißt Rosemarie Trockel. „Die 1952 in Schwerte geborene Künstlerin gehört seit den frühen achtziger Jahren zu den vielseitigsten und innovativsten Persönlichkeiten der internationalen Kunst. Ihr konzeptuelles und transmediales Schaffen hat in großen Einzelausstellungen und durch Beteiligungen an den wichtigsten internationalen Grossausstellungen bereits weltweite Anerkennung gefunden“, so die Kaiserring-Jury in ihrer Begründung. Rosemarie Trockel lebt und arbeitet in Köln.
Mitte der achtziger Jahre wurde sie mit Strickbildern und Strickobjekten international bekannt. Nach ihren Entwürfen liess sie Wollstoffe auf Maschinen stricken, die sie - auf Keilrahmen aufgezogen - wie Gemälde an der Wand präsentierte. Eine zweite Werk- gruppe, die insbesondere in den Neunziger Jahren entstand, festigte Trockels Erfolg und baute ihre Bekanntheit weiter aus. Diese Gruppe besteht aus zahllosen Variationen von Wandarbeiten und Skulpturen, in denen herkömmliche Herdplatten Verwendung finden. Über die Strickbilder und Herdplatten-Arbeiten hat sich die Vorstellung von Rosemarie Trockel als einer Künstlerin verfestigt, die sich kritisch mit Frauenfragen befasst, die Rollenbilder von Frauen in der Gesellschaft hinterfragt und engagiert an ihrer Dekon- struktion arbeitet.
Doch das Werk von Rosemarie Trockel geht weit über diese Aspekte hinaus. In seiner Vielfalt entzieht es sich allen Versuchen, es nach herkömmlichen Kriterien zu charakterisieren. Rosemarie Trockel ist ebenso Malerin wie Zeichnerin, Bildhauerin oder Konzeptkünstlerin. Mitte der Siebziger Jahre studierte sie Malerei an der Fachhochschule Köln. In ihrem Werk sind jedoch malerische Verfahren erst in den letzten Jahren in nennenswertem Umfang zur Anwendung gekommen. Ihr zeichnerisches Werk dagegen zieht sich durch die gesamte Zeit ihres künstlerischen Schaffens und ist ausgesprochen reich an Umfang und Varianten.
Ihre erste Einzelausstellung, 1983 in den Galerien Philomene Magers in Bonn und Monika Sprüth in Köln, bestückte die Künstlerin aber mit Skulpturen, die seither mit wechselnder Intensität entstehen.
Zudem erweitern Installationen, konzeptuelle und handwerkliche Objekte, Druckgrafiken, Editionen, Videos, Filme, Fotoarbeiten und Buchentwürfe das Spektrum – und nicht vergessen werden dürfen die immer wieder realisierten Gemeinschaftsarbeiten mit Künstlerinnen und Künstlern, auch mit Schriftstellern.
Rosemarie Trockel hat sich in ihrem Œuvre immer wieder mit Theorien der Anthropologie, der Soziologie und der Wissenschaftstheorie auseinandergesetzt. Dabei steht sehr früh auch das Motiv des Tiers im Zentrum ihres Interesses. Wie eine Gesellschaft mit dem Tier umgeht, ist für die Künstlerin ein Gradmesser für den erreichten Zustand ihrer Humanität und Zivilisierung. „Jedes Tier ist eine Künstlerin“ nennt sie im Jahre 1993 eine ihrer Ausstellungen und kontert damit provokant den bekannten Satz von Joseph Beuys „Jeder Mensch ist ein Künstler“. Auf der Kasseler documenta 1997 baut sie zusammen mit Carsten Höller ein viel beachtetes „Haus für Schweine und Menschen“, auf der Expo 2000 in Hannover verwirklicht sie mit ihm das Projekt „Augapfel – Haus für Taube, Mensch und Ratte“. Die Ausstellung im Goslarer Mönchehaus Museum stellt Zeichnungen und Collagen der Künstlerin in den Mittelpunkt. Sie ziehen sich wie ein roter Faden von Beginn an bis heute durch ihr Werk. Die Zeichnung ist für Rosemarie Trockel eine Art Labor, in dem sie ihre Ideen und Motive untersucht. Und sie ist das Medium, das es dem Betrachter am ehesten erlaubt, die beeindruckende Vielfalt dieses Œuvres nachzuvollziehen.
Darüber hinaus werden einige Skulpturen aus verschiedenen Werkphasen sowie zahlreiche Buchentwürfe seit Anfang der 1970er gezeigt.
Die Ausstellung enthält außerdem auch neuere Arbeiten der Künstlerin, die in Goslar erstmalig präsentiert werden.