30.09.2007 - 27.01.2008
Durch Zufall stieß der niederländische Fotograf Bert Teunissen (geb. 1959 in Ruurlo) 1996 in Castelnau, Südfrankreich, auf ein altes Café, von dessen Veranda aus das Licht in eine große Küche mit rotweißen Bodenkacheln fiel. Mit einfachem Mobiliar und einem offenen Kamin versehen, erinnerte ihn die Atmosphäre dieses Raumes schlagartig an die Räume seiner Kindheit, an das Haus, das er im Alter von neun Jahren wegen Abriss verlassen musste. Die Fotografie der alten Dame, die inmitten jenes Ambientes ihren Platz eingenommen hat, sollte das erste einer anhaltenden Serie sein, die den Fotografen nunmehr über 10 Jahre beschäftigt und auf mehr als 350 Arbeiten angewachsen ist.
Der Titel Domestic Landscapes deutet einerseits auf das panoramaartige Format der Arbeiten, die immer eine Totale zeigen, und andererseits auf die spezifischen Räume, die eine kultivierte häusliche Umgebung bilden, in der sich die Protagonisten die meiste Zeit ihres Lebens aufhalten: Wohnzimmer, Küchen, Arbeitsräume. Seit Castelnau hat sich Teunissen gezielt auf die Suche nach derartigen Räumen begeben, die allesamt auszeichnet, dass sie mit natürlichen Tageslicht auskommen, Räume, die vor der regelmäßigen Installation elektrischen Lichts erbaut wurden. Diese Suche hat ihn inzwischen in 9 europäische Länder geführt.
In der Tat sind die regionalen Unterschiede in der Ikonographie der Alltagsgegenstände ablesbar. Es ist auch evident, dass die Dinge, die sich um die Bewohner dieser Räume gruppieren, Dinge sind, die über viele Jahre hinweg ihren angestammten Platz in der häuslichen Landschaft gefunden haben. In diesem Sinne hat man die Fotoarbeiten von Teunissen mit den Genremalereien eines Pieter de Hooch verglichen. Verankert im ländlichen Leben diesseits wuchernder EU-Agrarvorschriften, ist es zugleich eine Generation, die im Begriff ist zu verschwinden. So gesehen stellt Teunissens Serie Domestic Landscapes ein unschätzbares Archiv europäischen Lebens vor der Globalisierung dar, das sich ins kollektive Gedächtnis unserer Zeit einschreiben wird.
Anlässlich der ersten Museumsausstellung in Deutschland werden im Haus Esters ca. 60 Fotoarbeiten gezeigt werden; zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog.