Der 1972 in Mannheim geborene Fotograf richtet seinen Blick auf alltägliche Architekturen und einfache Bauelemente unserer Umgebung. Häuserfassaden, Garagentore, Strandkabinen oder Untergrundbahnhöfe sind die eher unspektakulären Motive, die Diergarten fotografisch festhält und denen er in seinen Bildkompositionen eine ästhetische Dimension verleiht.
Die Ausstellung konzentriert sich auf die Werkreihen "Fassaden" (1995 – 2001), "Nowa Huta" (2010 – 2011) und "Duderstadt" (2012). Es sind Bildfolgen, die sich trotz der zumeist ersichtlichen Motive wie abstrakte Kunst lesen lassen. Herausgelöst aus ihrem alltäglichen Kontext und ihrer Funktionalität, festgehalten in einem menschenleeren, engen Bildausschnitt und in frontaler Ansicht, erscheinen geschlossene Türen und Garagentore, Fenster mit heruntergelassenen Rollläden, Fassaden aus Klinkerimitat oder Backstein als abstrakte Bildkompositionen aus Farbflächen und Linien. Ein gleichmäßiges Licht verhindert starke Schattenbildungen und bewahrt die feine Farbigkeit und Flächigkeit der Motive.
Zu umfangreichen Werkserien zusammengestellt, werden Diergartens Fotografien zu Typologien der Alltagsarchitektur. In der Spannung zwischen Gegenstand und Abstraktion, Normierung und Individualität, Gleichförmigkeit und Verschiedenheit eröffnen sie eine neue Sicht auf das Gewohnte. Diergarten nutzt allein die Mittel der Fotografie und verzichtet auf jegliche technische Bearbeitung. Dabei gelingt es ihm, fotografische und malerische Prinzipien zu verbinden. Seine Bilder zeigen sowohl einen klaren, dokumentarischen Stil, der auf seinen Lehrer Bernd Becher verweist, als auch eine ganz eigene Bildsprache mit malerischer Qualität. Die Becher-Arbeiten in der ständigen Sammlung des Museums bieten eine unmittelbare Vergleichsmöglichkeit. Unverkennbar ist das gemeinsame Interesse an Architekturmotiven, ihre umfangreiche Bearbeitung und Zusammenstellung zu ganzen Bildfolgen. Doch Diergarten geht es nicht um die skulpturale Wirkung oder um die historische Bedeutung von Gebäuden, die Bernd und Hilla Becher in den Schwarz-Weiß-Fotografien ihrer Industriedenkmäler und Wohnbauten erfassten. Sein Blick ist ein anderer. Diergarten sieht das Besondere im Banalen, er findet seine Bilder dort, wo man sie nicht vermutet und kaum hinschaut. Er sucht nicht das außergewöhnliche Ereignis oder Motiv, um es besonders effektvoll ins Bild zu setzen. Seine Arbeiten wirken still, unaufdringlich, sachlich und poetisch zugleich, sie beanspruchen ein bewusstes, intensiveres Sehen. Erst dann entfalten sie ihre suggestive Anziehung und Wirkungskraft, die unsere Wahrnehmung des Alltäglichen auch über die Bildanschauung hinaus nachdrücklich sensibilisiert.