26.11.2011 - 27.05.2012
Am Ende der 1970er Jahre lebte Lothar Baumgarten unter den Yãnomãmi des Oberen Orinoco, in den Wäldern der Wasserscheide zwischen Venezuela und Brasilien. Während 18 Monaten teilte er das Leben der Indianer von Kashorawë- und Yapitawë-theri, zwei Yãnomãmi Gemeinschaften die zu klein geworden waren um sich noch gegen ihre zunehmend feindlichen Nachbarn verteidigen zu können. Dieser Umstand machte sie sehr beweglich. Baumgarten kam in Kontakt mit diesen halbsesshaft lebenden Gruppen, als sie gerade näher an den Orinoco gezogen waren um dort gemeinsam ihren neuen, großen Shapono zu bauen und umfangreiche Pflanzungen anzulegen. Er begleitete die jagend und sammelnd durch die Wälder ziehende Gemeinschaft der 84 Yãnomãmi bei ihren täglichen Unternehmungen: Besuchen anderer Shapono zu festlichen Ritualen, der aufwendigen Pflege ihrer politischen Allianzen, dem ihnen bis dahin fremden Bootsbau, der täglichen Praxis der Schamanen und kriegerischen Rachezügen gegen ihre neuen und alten Nachbarn. Durch den latent praktizierten Tauschhandel unter den Yãnomãmi entstanden schon bald Notwendigkeiten des Gebens und Nehmens, die Baumgarten von ersten Objekten, zum umfangreichen Konvolut, der hier in Teilen erstmalig gezeigten Sammlung führten. Die während jener Zeit vor Ort gegen Naturalien getauschten ethnographischen Gegenstände und die ganz unerwartete Fülle entstandener Zeichnungen der Yãnomãmi auf Papier, wie auch die umfangreichen Ton- und Filmdokumente werden in der Präsentation von fotografischen Sequenzen begleitet, die die erlittene Nähe des erlebten Unbekannten sichtbar werden lassen. Wir sehen keine gekauften oder modellierten Bilder, sondern die Unmittelbarkeit des Vertrauten, denn neben aller Fremdheit ist ihnen menschliche Nähe offensichtlich eigen.
Diese Ausstellung erzählt von einer Einlassung, der Begegnung und dem Austausch in einem gerade erst dreißig Jahre zurückliegenden Zeitraum.
Sie versucht ein Bild einer Gesellschaft zu zeichnen, deren Befindlichkeit und Existenz von unserer Einsicht in ihre Notwendigkeiten abhängt.