12.01.2008 - 30.03.2008
Warum beschäftigen sich derzeit so viele junge Künstlerinnen und Künstler mit der Architektur und Kunst der Moderne und den daraus weiterentwickelten modernistischen Formen der 60er Jahre? Und wie tun sie es? Welche Vorbilder werden herangezogen, welche Helden gestürzt? Diese Fragen sind Ausgangspunkt einer pointierten Auswahl von zehn jungen Künstlern und Nachwuchstalenten aus West- und Osteuropa, die in den letzten Jahren international auf sich aufmerksam gemacht haben. Vielschichtig formulieren sie das ambivalente Verhältnis zur Moderne, der Sehnsucht nach ihrer unverbrauchten Sprache und ihrem utopischen Potenzial, aber ebenso Kritik.
Der heute oft in der Ökonomie genutzte Begriff der „Fusion“ benennt die Vorgehensweisen der Künstler: sie eignen sich Formen, Thesen und Konstruktionsprinzipien aus Kunst und Architektur durch Zitat, Kopie oder Verwandlung an, verweigern bisweilen eine klare Autorschaft, kommentieren kritisch und ironisch, verschmelzen die künstlerischen Gattungen und wandeln bestehende Referenzen um.
Das 20. Jahrhundert ist Geschichte geworden. Die neuen Sichtweisen einer jungen Künstlergeneration auf die „Moderne“ vor dem Hintergrund globaler politischer und ökonomischer Veränderungen machen spürbar, dass der historische Abstand zu den Visionen der Avantgardekunst der 20er und 60er Jahre des 20. Jahrhundert immer größer wird. Die Visionen von früher bestimmen allerdings noch immer die ästhetischen Parameter der Gegenwartskunst. Doch die Versprechen von „gestern“ können als Rezepte für die heutige Realität kaum mehr dienen. Sie bedeuten uns nicht mehr das Gleiche. Worauf könnte hingegen die heutige Kunst hinarbeiten? Welche Sprachen können gewonnen, welche Funktionen für die Kunst – jenseits des Kunstmarktes – formuliert werden?
Cyprien Gaillard thematisiert in seinen Arbeiten den Umgang mit brutalistischer Architektur der 60er Jahre in Frankreich und England. Eines seiner Konzepte sieht die Schaffung eines großen Ruinenparkes internationaler moderner Hochhausarchitektur nach dem Vorbild romantischer Landschaftsgärten vor. In seinen Radierungen fügt er Wohnblöcke in klassisch-traditionelle Landschaften ein.
Dionisio González erweitert in seinen digital bearbeiteten Panorama-Fotografien Favelas mit Elementen von Avantgarde-Architekturen. Der sich selbst organisierenden Raumidentität wird das formale Konzept traditioneller Städteplanung gegenübergestellt, das in der rasanten Entwicklung von Mega-Städten nur noch partiell greifen kann.
Michael Beutler schafft komplexe architektonisch-skulpturale Interventionen, die den Ort und dessen Nutzung verändern, aber auch neue Räumlichkeiten schaffen. Zur Realisierung entwickelt er eigene „Herstellungsapparaturen“, Maschinen, mit denen der Künstler nur genau so viel Material produziert, wie er für seine Arbeiten benötigt.
In ihren Filmen befassen sich der tschechische Künstler Zbyněk Baladrán ebenso wie der litauische Künstler Deimantas Narkevičius mit der Erfahrung von kollektiver, meist osteuropäischer Geschichte. In der seit den neunziger Jahren politisch und kulturell dynamisierten Situation osteuropäischer Staaten spüren die Künstler ein Vakuum auf, in dem sowohl die Reflektion der eigenen Historie, als auch die Vorstellung einer zukünftigen Vision fehlen.
Ciprian Mureşan reinterpretiert Ikonen der klassischen Moderne und der aktuellen Kunst. In der Fotoarbeit „Leap into the void, after three seconds" re-inszeniert er beispielsweise Yves Kleins heroischen Spung aus dem Fenster als balales Desaster.