16.07.2011 - 23.10.2011
Das Museum Folkwang, Essen, widmet dem amerikanischen Fotografen Joel Sternfeld (*1944, New York) ab dem 16. Juli 2011 die erste europäische Retrospektive, mit rund 130 Arbeiten aus über drei Jahrzehnten. Unter dem Titel Joel Sternfeld - Farbfotografien seit 1970 werden insgesamt elf Projekte gezeigt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf 60 Fotografien aus seinem bisher unveröffentlichten Frühwerk, das von 1969 bis in die späten 1970er Jahre reicht.
Sternfelds Blick richtet sich immer wieder auf sein Heimatland Amerika mit seinen Eigenarten, den Menschen und seinen spezifischen Landschaften.
Joel Sternfeld zählt neben Stephen Shore zu den wichtigsten Vertretern der New Color Photography, die in den 1970er Jahren die Farbe für die Kunstfotografie entdeckten.
Beeinflusst von den Farbtheorien des Bauhaus, wird der Einsatz von Farbe zu seinem zentralen Stilmittel. Sternfeld studierte am Dartmouth College und lernte in Harvard
den Pionier der künstlerischen Farbfotografie, William Eggleston kennen. Mit dessen Ausstellung im MoMA erhielt die Farbfotografie 1976 erstmals Beachtung als künstlerische Ausdrucksform.
1978 begann Sternfeld seine Reise durch die USA in einem VW-Bus, um sich der sozialen Topografie seines Landes zu vergewissern. Auf dieser "Odyssee" entstand die Serie
American Prospects, für die er 1987 internationale Anerkennung erhielt. Die handliche Kleinbildkamera, die er für seine frühen Serie Rockaway Beach, Street Works und New Jersey Malls in der Tradition des unauffälligen Beobachters einsetzte, wurde für dieses Projekt gegen eine 8×10 inch Großformatkamera eingetauscht, um die gewünschte Detailschärfe zu erzielen.
In dem folgenden Projekt Stranger Passing (1987-2000) konzentriert sich sein Blick auf die Menschen. Dabei entstand ein Gesellschaftsporträt, das an die Darstellung der Deutschen
aus den 1920er Jahren von August Sander erinnert. Die Serie On This Site (1993-1996) zeigt Orte, die auf den ersten Blick nichts Auffälliges mitteilen. Erst der begleitende Text klärt
darüber auf, dass es sich um Tatorte von Verbrechen handelt. In Sweet Earth - Experimental Utopias in America (1993–2005) setzt Sternfeld sich mit gesellschaftlichen Utopien auseinander.
Die amerikanische Landschaft und ihre charakteristischen Orte sind für die Arbeiten Sternfelds wesentlich, allerdings jenseits des Sublimen und Pittoresken traditioneller
Landschaftsdarstellung. In Walking the High Line
(2000-2001) nähert sich Sternfeld einer stillgelegten Bahnstrecke mitten in New York, wo sich die Natur ihr Refugium zurück erobert und nur noch stellenweise auf den ehemals regen Zugverkehr in Manhattens West Side schließen lässt (im Juni 2011 wurde ein weiterer großer Abschnitt für die Öffentlichkeit freigegeben).
Oxbow Archive (2005-2007) ist eine fotografische Langzeitbeobachtung der East Meadows, Northampton und zeigt die Einzigartigkeit der Jahreszeiten sowie die Auswirkungen des menschlichen Eingreifens in die Natur. Das globale Thema Klimaveränderung ist Bezugspunkt der beiden Projektionen Treading on Kings (2001) und When it changed (2005) zu den Protesten des G8-Gipfels in Genua und der Klimakonferenz in Montreal.
Sternfelds distanzierter Blick auf die Phänomene und Eigenarten seines Heimatlandes und seiner Bewohner lässt eindringliche Bilder entstehen, die ein Amerika zwischen Utopie und Dystopie zeigen.
Seit Beginn seiner fotografischen Arbeit ist das Buch für Joel Sternfeld die wichtige Präsentationsform. In den letzten 20 Jahren entstanden elf Fotobände zu seinen Projekten.